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    Frühes Fremdeln – ein Zeichen für Intelligenz?


    Bist Du auch schon häufiger auf die Aussage gestoßen, dass frühes Fremdeln und Intelligenz bei Kindern eng verknüpft sind? Ist ein Baby also weniger klug, wenn es gar nicht fremdelt? Oder hast Du einen kleinen Einstein, wenn Dein Baby schon mit 4 Monaten zu fremdeln beginnt? Wenn Du wissen möchtest, was an der Sache dran ist, hier kommt die Antwort.

    Was bedeutet frühes Fremdeln?

    In der Regeln beginnen Babys im Alter von ca. 8 Monaten, zwischen bekannten und unbekannten Personen zu unterscheiden. Auf neue Gesichter oder Menschen, die sie nur unregelmäßig treffen, reagieren sie in dieser Phase mit Schreien oder zumindest ängstlich und zurückhaltend. Die engste Bezugsperson ist jetzt der sichere Hafen, an dem sie sich vehement festhalten. Der Begriff Achtmonatsangst wird oft synonym mit der Fremdel-Phase benutzt. Vom frühen Fremdeln spricht man also, wenn Dein Baby dieses Verhalten schon deutlich früher zeigt, also z.B. bereits mit 4 oder 5 Monaten.

    Zeugt frühes Fremdeln von Intelligenz?

    Es gibt keine wissenschaftlichen Untersuchungen oder Belege für das Gerücht, dass frühes Fremdeln ein Zeichen von hoher Intelligenz ist. Das heißt, nach heutigem Wissensstand ist hat das Fremdelverhalten von Babys keinerlei Aussagekraft über den Intelligenzquotienten, eine mögliche Hochbegabung oder seinen späteren Erfolg im Leben.

    Du musst Dir also keinerlei Gedanken machen, wenn Dein Baby sehr spät fremdelt, nicht sehr stark fremdelt oder die Fremdelphase komplett auslässt. Rückschlüsse über den IQ Deines Kindes lässt das nicht zu. Es handelt sich also um ein klassisches Ammenmärchen.

    Das Fremdeln ist ein normales Entwicklungsstadium bei Kindern, bei dem sie anfangen, unsicher oder ängstlich in neuen oder ungewohnten Situationen zu reagieren und sich vermehrt an vertraute Bezugspersonen klammern. Natürlich kann es trotzdem vorkommen, dass Kinder, die sehr früh fremdeln, einen hohen IQ entwickeln. In einem relevanten Zusammenhang stehen die beiden Eigenschaften aber nicht.

    Woher kommt das Ammenmärchen über frühes Fremdeln & Intelligenz?

    Doch wie entsteht eigentlich so ein angebliches Wissen, das vermutlich gar keines ist? Im Fall von frühem Fremdeln und Intelligenz geht das möglicherweise auf die psychologische Begründung für das Fremdeln zurück. Denn in vielen Quellen wird Fremdeln als gesundes Verhalten eines Kindes erklärt. Wenn Dein Kind fremdelt, hat es etwas verstanden – es hat also Verstand. Und zwar hat ein Kind verstanden, dass nicht alle Menschen Mama oder Papa sind und dass es sich vor fremden Menschen lieber in Acht nehmen sollte. Das war in der Menschheitsgeschichte lange Zeit ein sehr sinnvolles und cleveres Verhalten und ist darum tief in unserer Biologie verankert.

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    Ein Kind, das fremdelt, hat also einen Entwicklungsschritt genommen. Daraus wurde möglicherweise dann der Rückschluss gezogen, dass Kinder, die nicht fremdeln, diese Entwicklung nicht durchmachen. Oder dass Kinder, die dieses Verhalten früher zeigen, sich schneller entwickeln – ergo intelligenter sind. So könnte das Ammenmärchen, dass frühes Fremdeln und Intelligenz eines Kindes direkt zusammenhängen, entstanden sein.

    Tatsächlich scheint es so zu sein, dass frühes oder starkes Fremdeln auf einen eher ängstlichen bzw. vorsichtigen Charakter hindeutet. Denn sogar Väter, die ja eigentlich enge Vertrauenspersonen sind, trifft das Verhalten manchmal. Grundsätzlich scheint es auch so zu sein, dass der Zeitpunkt eines Entwicklungsschrittes bei Babys nicht von der Intelligenz, sondern vom individuellen Entwicklungsplan des Kindes bestimmt wird.

    Ist frühes Laufen ein Zeichen von Intelligenz?

    Ähnliche Gerüchte wie über das Fremdeln gibt es übrigens über andere Meilensteine und Fähigkeiten bei Babys, die positiver wahrgenommen werden als das Fremdeln. So soll ein Kind, das früh laufen lernt oder früh spricht einen höheren IQ haben. Im Gegensatz zum frühen Fremdeln ist der Zusammenhang beim Laufen wirklich wissenschaftlich untersucht. Der Schweizer Kinderarzt Oskar Jenni leitete eine Beobachtungsstudie mit 222 Kindern, bei der festgehalten wurde, in welchem Alter die Kinder zu laufen begonnen hatten. Später, im Schulalter, führten die Forscher Intelligenztests durch. So stellten sie fest, dass der Zeitpunkt des Laufenlernens keinerlei Aussagekraft über die spätere Intelligenz hat.

    Auch der bekannte Kinderarzt, Wissenschaftler und Autor Dr. Remo H. Largo hat in einer umfangreichen Langzeitstudie (Publikation: „Wer bestimmt den Lernerfolg: Kind, Schule, Gesellschaft?“) nachgewiesen, dass es keinerlei Bedeutung für den späteren schulischen Erfolg hat, wann ein Kind läuft.

    Frühes Sprechen und Intelligenz – wie hängt das zusammen?

    Beim Thema Sprechen ist der Zusammenhang laut Studien nicht ganz von der Hand zu weisen, allerdings ist die Ausprägung sehr schwach bzw. wenig aussagekräftig. So haben einige Studien Hinweise darauf gefunden, dass Kinder, die früh im Leben zu sprechen beginnen, möglicherweise einen Vorteil in bestimmten intellektuellen Bereichen haben könnten und auch später bessere sprachliche Fähigkeiten entwickeln können. Eine direkte Vorhersage der Intelligenz ist dadurch allerdings nicht möglich.

    Stattdessen machen die aktuellen Erkenntnisse deutlich, dass die Beziehung zwischen Gehirn und Sprachentwicklung weitaus komplexer ist als bisher angenommen, da die Ursache in beide Richtungen verläuft. Das heißt, der Spracherwerb wirkt sich auf die Intelligenz aus und anders herum.

    Was weist tatsächlich schon im Babyalter auf Intelligenz hin?

    Den IQ eines Babys zu messen ist sehr schwierig und sagt auch wenig über die spätere Entwicklung aus. Intelligenz ist ein komplexes Konzept, das von vielen Faktoren beeinflusst wird, darunter genetische Veranlagung, Umwelt, Bildung und soziale Einflüsse. Natürlich kann man bestimmte Entwicklungen bei Babys beobachten und dann im Schulalter einen IQ-Test machen. So fand man zum Beispiel, wie oben beschrieben, heraus, dass frühes Laufen und Intelligenzentwicklung nicht verknüpft sind.

    Tatsächlich scheint es keine spezifischen Lernschritte oder Zeitpunkte für Meilensteine bei Babys zu geben, die zweifelsfrei auf seine Intelligenz hinweisen. Intelligenz ist ein komplexes und multifaktorielles Konzept, das nicht allein durch das Verhalten eines Babys in der ersten Lebensphase bestimmt wird. In den ersten Lebensmonaten und -jahren konzentrieren sich Kinder hauptsächlich darauf, grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entwickeln, wie zum Beispiel die motorische Koordination, die soziale Interaktion und die Sprachentwicklung.

    Es ist normal, dass sich Babys in ihrem eigenen Tempo entwickeln, und Du solltest das individuelle Tempo Deines Kindes respektieren. Jedes Kind hat sein eigenes Potenzial und sollte in einer unterstützenden und liebevollen Umgebung aufwachsen, in der es die Möglichkeit hat, sich in seinem eigenen Tempo zu entwickeln. Die Förderung von Neugier, kreativem Denken und sozialen Fähigkeiten kann jedoch die intellektuelle Entwicklung durchaus positiv beeinflussen.

    Wenn Du also Deinem Kind ermöglichen möchtest, sein Potential voll auszuschöpfen, solltest Du dafür sorgen, dass es viel Abwechslung bekommt, dass es Zeit und Ruhe hat, um seine Talente auszuleben und dass es in einem sicheren und liebevollen Umfeld aufwächst.

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