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Vegan durch die Stillzeit


Es gibt viele Vorurteile gegenüber einer veganen Stillzeit. Und wie bei den meisten Themen rund ums Baby, die Geburt und das Stillen haben viele Menschen eine Meinung dazu – die sie auch ungefragt kundtun. Deshalb dürfen sich viele vegan lebende Mamas beim Weinen ihres Schatzes gelegentlich anhören, dass das ja kein Wunder sei und dass das Baby bestimmt Hunger habe. Wieviel ist dran an der Theorie, dass vegane Ernährung in der Stillzeit nicht funktioniert? Hier erfährst Du mehr dazu:

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Alles, was Mama isst, kommt durch die Muttermilch zum Baby. Deshalb sollte eine gesunde Ernährung – unabhängig davon ob Du Fleisch isst, Vegetarierin oder Veganerin bist, höchste Priorität haben. 

Das braucht Dein Baby

Genauso wie Du, braucht auch Dein Baby eine Vielzahl an Vitaminen und Nährstoffen. Während Du stillst, hat Dein Körper einen zusätzlichen Energie und Nährstoff-Bedarf. In den ersten Lebensmonaten Deines Kindes sind es etwa 500 Kalorien mehr, die Du täglich benötigst. 

Die Muttermilch enthält alles, was Dein Baby braucht. Allerdings gilt das nur, wenn Du Deinen Nährstoffbedarf auch deckst. Und genau das bezweifeln einige Menschen, wenn es um Mütter geht, die vegan leben. Wird das Baby einer Veganerin über Muttermilch wirklich optimal versorgt? Bei den Bedenken geht es vor allem um ausreichend Eiweiß, Omega 3 Fettsäuren sowie Vitamin B12.

Die Zusammensetzung der Muttermilch

Um zu verstehen, ob eine vegane Ernährung in der Stillzeit gesund für Dein Baby ist, sollten wir uns die Zusammensetzung von Muttermilch genauer anschauen. Muttermilch ist ein echter Zaubertrank. Denn je nachdem, wie alt Dein Kind ist und wie viel es schon getrunken hat, verändert sich die Muttermilch und passt sich so den Bedürfnissen Deines Babys an. So ist eine Stillmahlzeit zuerst einmal durstlöschend und enthält vor allem Vitamine, Eiweiße und Mineralstoffe. Je mehr Dein Kind trinkt, umso fettreicher wird die Milch. Damit wirkt sie auch sättigend. Außerdem enthält Muttermilch Milchzucker, Kohlenhydrate, Carbonsäure, Hormone, Enzyme, Wachstumsfaktoren und mütterliche Immunzellen (Antikörper). 

Dein Körper regelt die optimale Zusammensetzung der Muttermilch für Dein Baby ganz automatisch. Das heißt, dass Deine Milch auf die jeweiligen Bedürfnisse Deines Babys abgestimmt ist. 

Das kann aber nur funktionieren, wenn Dein Nährstoffbedarf ausreichend gedeckt ist. Bei den Inhaltsstoffen der Milch gibt es zwei Gruppen. Da sind zum einen die Makronährstoffe Eiweiß, Kohlenhydrate und Fett. Diese Nährstoffe sind dafür verantwortlich, dass Dein Baby satt wird. Wie Du Dich ernährst, spielt für die Makronährstoffe keine Rolle. Anders sieht es bei den Vitaminen und Mineralstoffen aus.

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Abhängig von der Art und Weise Deiner Ernährung sind die wasserlöslichen Vitamine B und C sowie Vitamin E und Carotin. Genauso, wie die Mineralstoffe Selen, Jod, Fluorid und Mangan gibt es von ihnen nur so viel, wie Du auch zu Dir nimmst. Das heißt, wenn Du diese Vitamine und Nährstoffen 24 Stunden lang nicht selbst über die Nahrung aufnimmst, sind sie auch in der Muttermilch nicht enthalten. 

Vitamine und Mineralstoffe müssen frisch zugeführt werden, damit Dein Baby von ihnen profitieren kann. Achte deshalb in der Stillzeit (egal ob vegan oder nicht) immer auf eine ausgewogene Ernährung!

Vegan leben und stillen: So deckst Du alle Nährstoffe

Einige Nährstoffe solltest Du als Veganerin in der Stillzeit besonders im Blick behalten. Hier erfährst Du, welche das sind:

▶ Protein

Der normale Eiweißbedarf liegt bei etwa 1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. In der Stillzeit hast Du etwa einen Mehrbedarf von 15 Gramm. 

Um als Veganerin genügend Eiweiß zu Dir zu nehmen, eignen sich besonders Hülsenfrüchte, wie Linsen, Kichererbsen, Bohnen, aber auch Nüsse, Nussmuse, Tofu, Quinoa und Vollkornprodukte. Jede Mahlzeit sollte Eiweiß enthalten. 

Übertreiben solltest Du es dabei jedoch nicht. Achte darauf, nicht zu viel Eiweiß während der Stillzeit zu essen. Denn ein Eiweißüberschuss kann sich noch negativer als ein Eiweißmangel auf Dein Baby auswirken.

Forscher der Universität Gießen vermuten sogar, dass zu viel Protein eine Ursache für den nach wie vor ungeklärten plötzlichen Kindstod sein könnte. 

▶ Omega-3-Fettsäuren

Omega-3-Fettsäuren (DHA und EPA) sind besonders wichtig für die Entwicklung des Gehirns und des Sehvermögens Deines Babys. Sie sind vor allem in fettreichem Fisch sowie Algen enthalten. Dein Körper kann sie aber auch aus der Alpha-Linolensäure selbst bilden. Diese ist zum Beispiel in Leinsaat, Hanfsaat, Chiasaat oder deren Ölen enthalten. Die Umwandlungsrate ist allerdings sehr gering.

Wenn Du Dich vegan ernährst, solltest Du darüber nachdenken Omega-3 über Nahrungsergänzungsmittel zu Dir zu nehmen. Sprich das aber bitte vorher mit Deinem Arzt oder Deiner Ärztin ab. 

▶ Vitamin B 12

Vitamin B12 ist eine wichtige Voraussetzung für den Energiestoffwechsel, zur Bildung von Blutzellen und zum Aufbau der Nervenhüllen. Der Bedarf an Vitamin B12 kann nicht durch eine vegetarische oder vegane Ernährung gedeckt werden. Eine Supplementierung mit Vitamin B12 ist daher unbedingt notwendig. Du kannst durch einen Bluttest herausfinden, wie hoch dein Mangel ist. Lasse Dich bitte anschließend von Deinem Arzt oder Deiner Ärztin über entsprechende Nahrungsergänzungsmittel beraten. Dann kannst Du Deinen Speicher an Vitamin B12 regelmäßig auffüllen. 

Übrigens haben auch Nicht-Veganer/innen oft einen Mangel an Vitamin B12, deshalb lohnt es sich immer, dies regelmäßig untersuchen zu lassen. 

▶ Eisen

Auch hier zeigen Studien, dass vegan lebende Menschen meist mehr Eisen aufnehmen, als Menschen mit mischköstlicher Ernährung. Eisenreiche Lebensmittel sind zum Beispiel Hirse, Haferflocken, Sesam und Linsen. Trotzdem leiden vegan Lebende Personen öfter an Eisenmangel. Das liegt daran, dass pflanzliches Eisen vom Körper schlechter aufgenommen wird. Deshalb solltest Du darauf achten, zu eisenreichen Lebensmittel Vitamin C zu essen, da dies die Aufnahme erhöht. Außerdem solltest Du Getreide, Hülsenfrüchte und Nüsse vor dem Essen einweichen, rösten, garen oder keimen. 

▶ Zink

Der tägliche Bedarf an Zink beträgt während der Stillzeit 11 mg. Zink ist besonders wichtig für unser Immunsystem. Deshalb solltest Du ausreichend Nüsse, Hülsenfrüchte und Vollgetreide essen. Ähnlich wie bei der Eisenaufnahme, verbessert die Keimung oder das Einweichen der genannten Nahrungsmittel die Aufnahme. 

▶ Folat/ Folsäure

Folat braucht Dein Körper und der Deines Babys für die Zellneubildung, Zellteilung und Blutbildung. Folat ist zum Beispiel in Fenchel, Kohl, Spinat, Brokkoli, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten und Erdbeeren vorhanden. Da es in vielen Gemüsesorten enthalten ist, haben vegan lebende Mütter oft keine Probleme den (Mehr-) Bedarf in der Stillzeit zu decken. Wichtig ist, dass das Gemüse nicht zu stark erhitzt wird. Deshalb empfehlen Experten mindestens ein Drittel des Gemüses als Rohkost, also unerhitzt zu sich zu nehmen. Die synthetisch hergestellte Form von Folat ist Folsäure. 

Der tägliche Bedarf an Folsäure liegt bei etwa 300 bis 400 Mikrogramm, für stillende Frauen bei etwa 450 Mikrogramm. Da Folsäure vor allem in Gemüse enthalten ist, haben vegan lebende Menschen selten einen Mangel. Auch hier ist wichtig, dass das Gemüse nicht zu sehr erhitzt wird, da Folsäure hitzeempfindlich ist. 

📗 Lies hier nochmal nach, welche Lebensmittel besonders viel Folsäure enthalten:

Lebensmittel mit Folsäure: Die Top 30

▶ Vitamin B12

Vitamin B12 ist eine wichtige Voraussetzung für den Energiestoffwechsel, zur Bildung von Blutzellen und zum Aufbau der Nervenhüllen. Der Bedarf an Vitamin B12 kann nicht durch eine vegetarische oder vegane Ernährung gedeckt werden. Eine Supplementierung mit Vitamin B12 ist daher unbedingt notwendig. Du kannst durch einen Bluttest herausfinden, wie hoch dein Mangel ist. Lasse Dich bitte anschließend von Deinem Arzt oder Deiner Ärztin über entsprechende Nahrungsergänzungsmittel beraten. Dann kannst Du Deinen Speicher an Vitamin B12 regelmäßig auffüllen. 

Übrigens haben auch Nicht-Veganer/innen oft einen Mangel an Vitamin B12, deshalb lohnt es sich immer, dies regelmäßig untersuchen zu lassen. 

▶ Vitamin B2

Vitamin B2 ist wichtig für die normale Zellfunktion, das Wachstum und die Entwicklung Deines Babys. Es kommt zum Beispiel in Ölsamen, Nüssen, Vollgetreide und Hülsenfrüchten vor. Deshalb haben vegan lebende Menschen meist keinen Mangel an Vitamin B2.

▶ Vitamin D

Vitamin D wird nur zu maximal 10 Prozent über die Nahrung aufgenommen. Das sogenannte Sonnenvitamin wird vor allem über die Haut aufgenommen. In Deutschland leiden bis zu 90 Prozent der Menschen an einem Mangel. Ob Du einen Mangel hast, kannst Du durch einen Bluttest herausfinden. Vitamin D ist besonders wichtig für die Knochengesundheit und das Immunsystem. Du kannst Vitamin D auch supplementieren. Sprich dich aber davor unbedingt mit Deinem Arzt oder Deiner Ärztin ab und lasse Dich beraten. 

▶ Calcium

Die empfohlene tägliche Zufuhrempfehlung für Calcium liegt bei etwa 1000 mg. Bei einem Calciummangel wird Calcium aus dem mütterlichen Knochengewebe abgebaut, um das Baby ausreichend zu versorgen. Das kann vor allem Folgen für Dich haben. Längerfristig steigt so Dein Risiko für Osteoporose. Calciumreiche Lebensmittel sind Sesam, Mandeln und Mandelmus, Brokkoli, Fenchel, Grünkohl, Kichererbsen. Für vegan lebende Mütter gibt es also kein spezielles Risiko für einen Calciummangel. 

▶ Magnesium

Studien zeigen, dass vegan lebende Menschen in der Regel kein Problem haben, genügend Magnesium aufzunehmen. Es ist besonders wichtig für die Funktion von Herz, Muskeln und Knochen. Magnesium ist besonders in Brokkoli, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Nüssen und Sonnenblumenkernen vorhanden.

▶ Jod

Jod ist für Dich und Dein Babys sehr wichtig, vor allem für Wachstumsprozesse und die Entwicklung des Nervensystems. In der Stillzeit werden 260 µg täglich empfohlen. Um diesen Bedarf zu decken, solltest Du ausreichend jodiertes Speise- oder Meersalz mit moderatem Jodgehalt essen. 

▶ Selen

Auch die Aufnahme von Selen stellt für vegan lebende Personen keine größere Herausforderung dar als für andere. Denn Selen ist auch in Gemüse, Hülsenfrüchten und Getreide vorhanden. Genau von dort gelangt es in die tierischen Produkte. Vielerorts ist der Boden leider selenarm. Deshalb wird Tieren dieser Nährstoff zugefüttert. Wenn Du vegan lebst, solltest du deshalb darüber nachdenken, Selen durch Nahrungsergänzungsmittel zu supplementieren. Sprich das aber bitte unbedingt vorher mit Deinem Arzt oder Deiner Ärztin ab. Denn Selen schützt den menschlichen Körper vor Zellschädigung. 

Was sagen Experten zur veganen Ernährung in der Stillzeit?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) äußert sich nur sehr vorsichtig zur veganen Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit.

In einem Positionspapier vom September 2020 vertritt die DGE die folgende Meinung: 

„Aufgrund der weiterhin unveränderten unzureichenden Beurteilungsgrundlage bleibt die Position der DGE zur veganen Ernährung bei Personen mit besonderem Anspruch an die Nährstoffversorgung bestehen. In der Beratung von Schwangeren, Stillenden, Kindern und Eltern, die sich oder ihre Kinder vegan ernähren möchten, sollen Fachkräfte dabei auf die Risiken einer veganen Ernährung hinweisen, Handlungsoptionen aufzeigen und gleichzeitig eine bestmögliche Unterstützung bei der Umsetzung einer bedarfsgerechten veganen Ernährungsweise bieten, um so einem Nährstoffdefizit und damit einer Fehlentwicklung vorzubeugen bzw. diese zu vermeiden.“ 

In einem anderen Beitrag positioniert sich die DGE noch deutlicher:  „Personen, die sich in sensiblen Lebensphasen (wie Schwangerschaft und Stillzeit, sowie Säuglings-, Kindes- und Jugendalter) befinden, haben z. B. aufgrund des hohen Anspruchs an die Nährstoffdichte während des Wachstums sowie geringerer Nährstoffspeicher, ein höheres Risiko für eine Unterversorgung bzw. einen Nährstoffmangel. Eine vegan ausgerichtete Ernährung ohne angereicherte Lebensmittel bzw. Nährstoffpräparate führt bei einigen Nährstoffen zu einer unzureichenden Zufuhr, die mit zum Teil erheblichen negativen Folgen für die Gesundheit einhergehen kann. Daher wird von der DGE eine vegane Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter nicht empfohlen.“

Gleichzeitig betont die DGE in diesem Positionspapier aber auch, dass eine vegane Ernährung auch positive Effekte hat. So zeigten Studienergebnisse, dass vegan ernährte Kinder meist weniger Zucker und mehr Ballaststoffe zu sich nehmen. 

Doch auch in der Forschung gehen die Meinungen über die vegane Ernährung in der Stillzeit auseinander. Amerikanische Experten der AND (= amerikanisches Pendant der DGE) erklären, dass eine vegane Ernährung sehr gesund ist und empfehlen diese auch für Schwangere, Stillende sowie Kinder und Jugendliche. 


Fazit

Wie Du siehst, gibt es nur wenige Vitamine und Nährstoffe, die durch eine vegane Ernährung nicht aufgenommen werden können. Wie auch bei allen anderen Ernährungsformen, bei denen genauso Nährstoffmängel auftreten können, ist eine ausgewogene und gesunde Ernährung die Grundlage, um Dein Baby ausreichend zu versorgen. 

Wichtig ist, meiner Meinung nach, dass Du nicht einfach blind irgendwelche Nahrungsergänzungsmittel oder Kombi-Produkte einnimmst. Ich empfehle Dir, deine Nährstoffversorgung regelmäßig checken zu lassen. Danach kannst Du Dich von Deinem Arzt oder Deiner Ärztin professionell zu Nahrungsergänzungsmitteln beraten lassen. 

Generelle Empfehlungen zur Ernährung in der Stillzeit findest Du in unserem umfassenden Beitrag Ernährung in der Stillzeit: So ist sie perfekt.

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