Was ist mit den Hebammen los?


    Heute möchte ich den Artikel „Können wir unsere Hebammen noch retten?“ zum Anlass nehmen, Euch einmal aus Hebammensicht zu schildern, wie die derzeitige Situation wirklich ist. Denn obwohl sich eine gewisse Problematik bereits in der Bevölkerung herumgesprochen hat, sind noch viele Fragen offen und vieles ist einfach auch schwer zu verstehen.

    Was genau ist das Problem?

    Über viele Jahre hatten Hebammen die Möglichkeit, sich bei unterschiedlichen Versicherungen eine Berufshaftpflichtversicherung zu besorgen, die nötig ist, um mit den Kassen abzurechnen. Es ist also so ähnlich wie beim Autofahren – ohne Versicherung darf eine Hebamme nicht praktizieren. Über die Jahre wurden die Versicherer, die diese Form der Versicherung anbieten, immer weniger, bis am Ende lediglich einer übrig blieb, der überhaupt noch bereit ist, unsere Arbeit zu versichern. Das liegt im Übrigen nicht an mehr Haftungsfällen, oder daran, wie unverantwortlich (vor allem Hausgeburts-) Hebammen angeblich arbeiten, sondern schlichtweg an der besseren Versorgung nach der Geburt. So krass es klingt, aber heute überleben einfach mehr Kinder als vor 10 Jahren, was teilweise eben auch mit kostenintensiven Therapien verbunden ist. Dieser Anbieter hat nun in der letzten Zeit die Beiträge so stark erhöht, dass gerade die Geburtshilfe zu versichern mit einem Hebammengehalt fast nicht mehr möglich ist. Auch die Beiträge für ambulante Hilfen in Schwangerschaft und Wochenbett sind rasant angestiegen – ganz im Gegensatz zu dem, was die Hebamme mit diesen Leistungen verdient.

    „Aber ich habe gehört, es ginge nur um Hausgeburten?“

    Das ist FALSCH! Und genau diese Aussage ist für uns total gefährlich. Klar, in erster Linie ist es für freiberufliche Hebammen mit Geburtshilfe eine Riesenbelastung. Das sind aber nicht nur Hausgeburtshebammen, sondern auch alle Hebammen, die in einer Klinik arbeiten, die das Belegsystem eingeführt hat und alle Beleghebammen, die mit „ihren“ Frauen zur Geburt in die Klinik gehen. Hinzu kommt, dass die meisten Klinikhebammen sich zusätzlich ebenfalls versichern müssen, damit die Deckungssumme im Schadensfall ausreicht. Und durch die steigenden Beiträge wird auch die Arbeit in der Vor-und Nachsorge für viele Hebammen immer unattraktiver und schwerer zu bewerkstelligen.

    Warum sind auch Hebammen ohne Geburtshilfe betroffen?

    Das kann ich Euch ganz einfach an einem Beispiel erklären. Ich z.B. würde sehr gerne wieder Frauen in der Schwangerschaft und im Wochenbett betreuen. Durch meine eigene Familie kann ich aber nicht mehr ansatzweise so viel arbeiten wie früher. Versichern muss ich mich aber für die Vor- und Nachsorge, unabhängig davon, wie viel ich arbeite. Ähnlich geht es den Hebammen, die früher neben ihrer Kliniktätigkeit freiberuflich im Wochenbett tätig waren. Darüber hinaus gehören freiberufliche Hebammen zu den wenigen Berufsgruppen die trotz Selbständigkeit verpflichtet sind, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen und eine Krankenversicherung braucht man auch als Hebamme… Ihr seht also, es ist kein Wunder, dass es in Städten mit hohen Lebenshaltungskosten, einem 6-er im Lotto gleichkommt, wenn man eine Hebamme fürs Wochenbett findet, bei der man sich nicht direkt nach der Zeugung angemeldet hat.

    Wie gehen die Hebammen mit dem Problem um?

    Leider sehr unterschiedlich, manche sehen das Problem nicht so dramatisch, andere wirken eher hilflos. Ich finde auch, dass die ganze Diskussion oftmals zu emotional und zu wenig faktenorientiert geführt wird. Ja, der Hebammenberuf ist ein ganz besonderer, ein wichtiger und wunderschöner…. Aber er spart schlichtweg auch einen Haufen Geld. Für nicht einmal 30€ werdet Ihr und Euer Baby nämlich in keiner Ambulanz von oben bis unten angeschaut, Ihr werdet nicht beim Stillen begleitet, niemand spricht mit Euch über Eure Ängste und die alltäglichen Sorgen und Nöte einer jungen Familie, zeigt Euch einfache Handgriffe zum optimalen Babyhandling oder erörtert mit Euch die Pros und Contras von Tragetuch und Manduca…. Würden all die Frauen mit schmerzenden Brüsten, schmierigen Babybauchnäbeln oder Bauchwehgeschrei zum Kinderarzt oder Frauenarzt gehen, könnten Praxen und Ambulanzen diese Patientenschwemme niemals beherrschen, ganz abgesehen davon, was das für Kosten verursachen würde… Meines Erachtens müsste man eher da ansetzen, denn das ist das Einzige, was Politiker interessiert. Frauen-oder Kindergesundheit ist eigentlich nur zur Wahlkampfzeiten ein großes Thema ;-) Was die meisten Hebammen aber stattdessen tun, ist, dass sie ihre originäre Hebammentätigkeiten wie Vorsorge, Wochenbettsbetreuung oder auch Geburten durch Kurse finanzieren, die privat bezahlt werden. Wir massieren, schwimmen und turnen uns also durch unseren Berufsalltag, um das machen zu können, was wir eigentlich machen wollen und gelernt haben….

    Was Ihr tun könnt

    Kathrin hat in ihrem Beitrag „Können wir unsere Hebammen noch retten?“ ja schon total viele  gute Tipps gegeben. Was Ihr auf jeden Fall tun solltet, wenn Ihr keine Nachsorgehebamme findet, ist, Euch bei Eurer Krankenkasse zu melden. Schildert denen dort Eure Situation, fragt, was Ihr tun sollt, macht auf das Problem aufmerksam! Betreibt im Freundes-und Bekanntenkreis Aufklärung, korrigiert Dinge, die falsch erzählt werden. Und last but not least: gebt uns (noch) nicht auf, denn Familien brauchen Hebammen…. …und wir brauchen Euch!

    Sale

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