außerklinische Geburt

    Die außerklinische Geburt


    Kaum ein Thema rund um die Geburt erhitzt die Gemüter so sehr, wie die Entscheidung für eine außerklinische Geburt im Gegensatz zu der in Deutschland deutlich gängigeren Geburt in der Klinik. Aber was genau bedeutet denn „außerklinische Geburt“? Welche Vor-und Nachteile gibt es? Und für wen kommt eine außerklinische Geburt überhaupt in Frage?

    Was ist eine außerklinische Geburt?

    Als außerklinische Geburt bezeichnet man jede Geburt, die nicht im Krankenhaus stattfindet. Ob Hausgeburt oder Geburt in Geburtshaus oder Hebammenpraxis ist also egal, all diese Geburten sind „außerklinisch“.

    Was mit ihnen gemein ist, ist die Tatsache, dass in der Regel ausschließlich eine Hebamme und kein Arzt (also weder Gynäkologe noch Kinderarzt oder Anästhesist) im Hause ist. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass jegliche medizinische Intervention, sei es eine Schmerzmittelgabe per Infusion, ein Wehentropf oder natürlich auch eine PDA, eine Saugglockengeburt oder ein Kaiserschnitt im Rahmen einer außerklinischen, ausschließlich durch Hebammen betreuten Geburt, nicht möglich ist.

    Sollten derartige Maßnahmen notwendig werden, ist eine Verlegung in die Klinik unumgänglich. So hat die außerklinische Geburt einige Vor- und Nachteile.

    Die außerklinische Geburt – Vorteile

    Für mich (als Hebamme und Mutter) das Hauptargument pro die außerklinische Geburt die 1:1 Betreuung. Das bedeutet, dass eine Hebamme jeweils nur eine Gebärende / ein Paar betreut. Diese Hebamme(n) lernt man meistens schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der Schwangerschaft kennen und wird durch eine oder mehrere Hebammen die ganze Schwangerschaft begleitet. Unter der Geburt betreut Dich also eine vertraute Person, die Du schon länger kennst und die so lange und so ausdauernd bei Dir bleibt, wie Du das in dieser Situation brauchst. In der Klinik ist eine Hebamme nicht selten für mehrere Gebärende zuständig, so dass es immer wieder zu Situationen kommen kann, wo die Betreuung nicht so intensiv ist, wie man es sich vielleicht im Vorfeld vorgestellt und gewünscht hat. Unzählige Studien belegen, dass durch eine 1:1 Betreuung die Rate für Interventionen, wie Schmerzmittelgabe, Wehenmittel und operative Geburtsbeendigungen sinkt. In der Klinik ist eine zuverlässige 1:1 Betreuung nur mit einer Beleghebamme möglich… und die gibt es aufgrund der aktuellen Situation für Hebammen kaum noch.

    Im Klinikalltag sind Hebammen und Ärzte an bestimmte Standards gebunden, die die Klinikleitung vorgibt. Also wie oft untersucht wird, nach welcher Zeit ein Kaiserschnitt gemacht wird, wie lange man in bestimmten Fällen warten kann und so weiter. Der individuelle Verlauf und Wunsch kann da nicht in jedem Fall berücksichtigt werden. Das heißt, bestimmte Dinge laufen einfach „nach Schema F“, auch wenn die Geburt für Dich natürlich etwas wahnsinnig Außergewöhnliches ist. In einer Klinik mit 3.000 Geburten im Jahr ist es halt „Tagesgeschäft“ und manche Paare sind darüber im Nachhinein doch sehr enttäuscht.

     

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    Die außerklinische Geburt – Nachteile

    Die außerklinische Geburt hat auch einige Nachteile. Medizinische Interventionen ist nur in sehr begrenztem Maße möglich sind. Das bedeutet NICHT, dass eine Hebamme im Notfall nicht in der Lage ist, einen Zugang für eine Infusion zu legen und Medikamente verabreichen kann und darf, aber es bedeutet, dass bei absehbaren Schwierigkeiten immer eine Verlegung in die Klinik erfolgen wird, da daheim nun mal einfach kein Kaiserschnitt und keine Saugglockengeburt durchgeführt werden können. Auch Schmerzmittel können bei der außerklinischen Geburt nur in ganz begrenztem Maße verabreicht werden. Entgegen der persönlichen Empfindung vieler Menschen ist die Mütter-und Säuglingssterblichkeit einer neuen Studie zufolge bei der außerklinischen Geburtshilfe nicht höher als im Krankenhaus.

    Für wen ist die außerklinische Geburt geeignet

    Manche Hausgeburtshebammen sehen das anders, daher kommen in meinen Augen auch viele Vorurteile, eine außerklinische Geburt sei gefährlicher. Meiner Einschätzung nach ist diese Form der Geburt etwas für gesunde Frauen mit gesunden Einlingen in Schädellage bei unauffälligem Schwangerschaftsverlauf. Mehrlinge, Steißlagen und Frauen mit schwerwiegenden Vorerkrankungen (wie z.B. Epilepsie, aber auch einem insulinpflichtigen Diabetes) gehören meiner Ansicht nach einfach in die Klinik, weil sie eine medizinische Betreuung brauchen, die eine Hebamme im Rahmen einer außerklinischen Geburt nicht leisten kann. Ich persönlich halte es auch für schwierig, wenn eine Frau sagt, sie möchte unbedingt eine außerklinische Geburt, weil sie Angst vor Krankenhäusern hat, da man einfach nicht weiß, was passiert. Etwa 20 % der geplanten außerklinischen Geburten enden doch mit einer Verlegung ins Krankenhaus, bei Erstgebärenden liegt die Zahl sogar noch etwas höher. D.h. das eine schließt das andere keinesfalls aus und im Falle einer massiven Angststörung halte ich persönlich es für sinnvoller, daran im Vorfeld zu arbeiten und sich mit der Vorstellung auseinanderzusetzen, dass man evtl. in die Klinik muss.

    Wie finde ich eine Hebamme für eine außerklinische Geburt?

    Am Einfachsten ist das heutzutage tatsächlich über das Internet. Am Besten suchst Du zunächst einmal nach Hebammenpraxen oder Geburtshäusern im Umkreis. Wenn Du Dir eine Hausgeburt wünscht, findest Du dort in der Regel auch einen Ansprechpartner oder bekommst einen guten Tipp für einen Kontakt.

    Die meisten Geburtshäuser haben eine Homepage, die einen ersten Eindruck vermittelt und auf der Du schon einmal ein Gefühl dafür bekommst, ob eine außerklinische Geburt dort für Dich und Deine Situation überhaupt in Frage kommt.

    Bitte plane für diese Suche ausreichend Zeit ein. Viele Geburtshäuser mussten in den letzten Monaten und Jahren schließen, viele Hebammen haben die außerklinische Geburt an den Nagel gehängt. Es kann also durchaus sein, dass die Suche aufwendiger wird, als Du Dir das vielleicht im Vorfeld eingeplant hattest.

    Wann sollte ich Kontakt zu einer Hebamme/ einem Geburtshaus aufnehmen?

    Ich persönlich würde sagen, je eher je besser. Zunächst einmal ist es aufgrund o.g. Problematik vielleicht gar nicht so einfach, überhaupt jemanden zu finden, der eine außerklinische Geburt begleitet und die wenigen Hebammen, die es noch gibt, sind oft bis zu 6 Monate im Voraus ausgebucht! Zweitens bedeutet eine außerklinische Geburt natürlich auch, dass beide Parteien einander auch gut kennenlernen sollten, um das nötige Vertrauensverhältnis zueinander aufzubauen.

    Viele Paare wollen zumindest die ersten 12 Wochen abwarten, dann empfiehlt es sich aber trotzdem, sich vielleicht schon einmal ein bisschen schlau zu machen oder eventuell auch schon einen Infoabend im Geburtshaus zu besuchen, um schnell Kontakt herstellen zu können, wenn Du Dich für eine außerklinische Geburt entschieden hast.

    Welche Kosten kommen durch eine außerklinische Geburt auf Dich zu?

    Die außerklinische Geburt wird zu 100% von der (gesetzlichen) Krankenkasse übernommen, ebenso wie alle Hebammenleistungen rund um die Schwangerschaft und das Wochenbett (also Vorsorge durch die Hebamme, Geburtsvorbereitungskurs, Wochenbettbetreuung und Rückbildungskurs). Bei privaten Kassen kann es bestimmte Einschränkungen geben, bitte informiere Dich rechtzeitig bei Deiner Krankenkasse.

    Viele Krankenkassen übernehmen inzwischen auch die bei Geburtshaus-und Praxisgeburten übliche Betriebskostenpauschale von ca. 350 €, auch das würde ich auf jeden Fall im Vorfeld klären. Dieser Posten wird im Prinzip für alles fällig, was Dir im Geburtshaus zur Verfügung gestellt wird, da ein Geburtshaus oder eine Praxis, wo Geburten stattfinden natürlich relativ viele (Hygiene-) Auflagen erfüllen müssen und Posten, wie Wasser, Strom, Heizung, Wartung und Pflege des ganzen Equipments durch die Pauschale für die Geburt nicht abgegolten werden können.

    Der einzige Kostenpunkt, der für gewöhnlich nicht oder nicht in voller Höhe von den Kassen übernommen wird, ist die Rufbereitschaftspauschale.

    Diese wird fällig, sobald die Hebamme „rufbereit“ ist, meistens also ab der 37. SSW bis zwei Wochen nach dem Entbindungstermin. In diesem Zeitraum ist die Hebamme 24 Stunden am Tag für Dich erreichbar.

    Die Rufbereitschaftspauschale für eine außerklinische Geburt bewegt sich in der Regel zwischen 300-500 Euro.

    Das klingt ganz schön teuer, wenn man sich aber einmal bewusst macht, mit welchen Einschränkungen für die Hebamme eine fünfwöchige Rufbereitschaft verbunden ist, ist es gar nicht mehr so viel. Denn die Hebamme kann sich nicht länger als max. eine Stunde vom Geburtshaus entfernen, sie weiß nie, ob sie das Ende eines Kinofilmes oder das Geburtstagsfest ihres eigenen Kindes mitbekommen wird, sie verschwindet von einer Party zehn Minuten, nachdem sie gekommen ist und kann auf ihren eigenen Geburtstag nur mit Limo anstoßen. Dafür finde ich das völlig gerechtfertigt.

    Nichtsdestotrotz ist das natürlich ein ganz schöner Batzen Geld, den nicht jede Familie einfach mal so aufbringen kann. Damit eine außerklinische Geburt trotzdem für jeden erschwinglich ist, gibt es diverse Fördervereine, die bedürftige Familien unterstützen. Scheu‘ Dir nicht, die Hebammen im Bedarfsfall anzusprechen, dafür muss sich niemand schämen.

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