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Du hast Dein Kind angeschrien? So reagierst Du jetzt richtig


Ich selbst bin alleinerziehende Mama von Beginn an und kenne das Gefühl der Überlastung ohne Aussicht auf Hilfe zu gut. Heute erkläre ich Dir, wie Du am besten reagierst, wenn Du Dein Kind angeschrien hast – und was Du kurz- und langfristig tun kannst, um liebevoll mit Deinem Schatz zu bleiben.

Kind angeschrien und schlechtes Gewissen – was jetzt?

Haushalt, Job, Familie, Freundeskreis und gleichzeitig Sehnsucht nach Zeit für Dich? Als Mama spürst Du oft die Erwartungen von allen Seiten. Sobald Du ein Häkchen hinter eins Deiner To-Do´s setzen kannst, kommen gefühlt drei weitere hinzu. Der Mental Load lastet auf Dir.

Wie sehr Du unter Spannung stehst, merkst Du oft erst, wenn du explodierst. Dein Kleinkind hat zum x-sten Mal den Becher über seiner Kleidung vergossen als ihr gerade loswollt? Plötzlich platzt es aus Dir heraus „Muss das schon wieder sein? Kannst du nicht aufpassen? Immer dasselbe mit Dir!“ Schwupps, hast Du Dein Kind angeschrien. Ist Deine Wut erstmal abgeflacht, wird sie meist schnell abgelöst – und zwar vom schlechten Gewissen. Eigentlich weißt Du nämlich, dass Schimpfen und Schreien weder Deinem Kind noch Dir oder gar Eurer Beziehung hilft.

Was tun, wenn es (wieder mal) passiert ist?

Es ist passiert – Du hast Dein Kind angeschrien. Plötzlich sind Worte aus Deinem Mund gesprudelt, die Dir schon im nächsten Augenblick furchtbar leidtun. Vor Dir siehst Du die traurigen und verängstigten Kinderaugen. Fakt ist leider: Es ist nicht rückgängig zu machen!

Was kannst Du also tun? Schweigen aus Angst Dein Gesicht zu verlieren und Dir selber fest versprechen, dass es nicht mehr passiert? Besser nicht! Jetzt hast Du die wertvolle Chance, Deinem Kind vorzuleben, wie man Konflikte auf achtsame Weise löst. Wieder die Verbindung zu Mama zu spüren ist nämlich genau das, was die Kinderseele jetzt braucht.

Richtiges Entschuldigen nachdem Du Dein Kind angeschrien hast

Unsere Kinder wachsen in dem Glauben auf, dass das, was sie in unserem Haushalt erleben Normalität ist. Gerade deswegen ist es essentiell mit ihnen darüber zu sprechen, wenn wir nicht unseren Werten entsprechend gehandelt haben.

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Kurz gesagt: Übernimm Verantwortung dafür, dass Du Dein Kind angeschrien hast – und zwar richtig!

Die 4 Schritte der Entschuldigung:

  1. Benenne, was Du gemacht hast.
    Beispiel: „Als Du vorhin den Saft über Deine Sachen geschüttet hast, habe ich Dich angeschrien.“
  2. Mache klar, dass das nicht in Ordnung war.
    Beispiel: „Es war nicht okay von mir Dich so anzuschreien. Ich möchte liebevoll mit Dir sein.“
  3. Nimm Deinem Kind die Schuld für die Situation.
    Beispiel: „Das hatte nichts mit Dir zu tun. Ich war auf einmal so wütend und hatte mich nicht mehr unter Kontrolle. / Ich hatte so eine Wut im Bauch, die auf einmal rauskam.“
  4. Übernimm die Verantwortung und entschuldige Dich.
    Beispiel: „Ich möchte mich bei Dir entschuldigen.“

Dabei musst Du die Wortwahl natürlich nicht 1:1 übernehmen. Sieh‘ sie eher als Orientierung an. Wichtig ist vor allem, dass Deine Entschuldigung aufrichtig gemeint ist.

Die Reaktion Deines Kindes darauf ist dagegen ganz nebensächlich: Entgegen unserer Erwartung muss eine Entschuldigung nämlich nicht „angenommen werden“. So würdest Du die Verantwortung für die Beendigung des Konflikts schlichtweg an Dein Kind abgeben anstatt sie bei Dir zu behalten. Allein Deine Worte der Entschuldigung genügen und wirken garantiert entlastend für Deinen Schatz.

Wird mein Ton mal genervter oder fange ich an zu meckern, sagt mein 3,5 jähriger Sohn mittlerweile deutlich zu mir: „Mama, wir sind liebevoll! Du musst durchatmen!“ Für mich ein wahres Geschenk, was mich immer wieder zurück in den Moment holt.

Kind angeschrien – warum passiert es Dir (immer wieder)?

Du nimmst Dir vor beim nächsten Mal ruhig zu bleiben, doch trotzdem kommt es immer wieder vor- und schon wieder hast Du Dein Kind angeschrien? Dein schlechtes Gewissen nagt an Dir? Wenn wir als Eltern merken, dass wir unsere Kinder häufig anschreien, ist das ein deutliches Warnsignal. Kurz gesagt: Unsere Belastungsgrenze wird überschritten!

Fakt ist nämlich: Wir schreien erst, wenn wir schon am Ende sind. Sind wir ausgeglichen und gut gelaunt, ist unser Geduldsfaden wesentlich länger. So abgedroschen es sich also anhören mag – Selbstfürsorge ist das A und O. Unser Alltag ist oft so vollgepackt, dass der Blick auf uns selbst, unsere Gefühle und Bedürfnisse zu wenig Beachtung bekommt. Ist Stress bei Dir ein Dauerzustand, solltest Du Euren Familienalltag überdenken und neu sortieren. Setze Dich mit Deinem*r Partner*in zusammen: An welcher Stelle ist Entlastung nötig und möglich? Was kann umstrukturiert und vereinfacht werden? Denn fehlt die Freude im Alltag generell, ist Frust vorprogrammiert. Und der staut sich schnell an und wird zu Wut.

Kind angeschrien: Drei Gründe für häufiges Schreien

Neben zu viel Stress im Alltag in Kombination mit zu wenig Selbstfürsorge können außerdem noch diese drei Gründe dazu geführt haben, dass Du Dein Kind angeschrien hast:

  1. Fehlende Vorbilder: Du weißt nicht, wie Du alternativ reagieren kannst, weil Du selbst nicht anders erzogen wurdest und nie am Beispiel Deiner Eltern lernen konntest, mit Deinen eigenen Gefühlen wie Wut gesund umzugehen.
  2. Trigger aus der Kindheit: Du selbst wurdest als Kind, wenn Du wütend warst, in Dein Zimmer geschickt und reagierst heute schnell emotional, wenn dein Kind starke Emotionen wie Wut durchlebt?

Die Krux ist: „In den allermeisten Fällen ist es nicht unser Kind, das uns durch sein Verhalten zu einem brodelnden Emotionsvulkan macht. […] Es ist der Auslöser, nicht die Ursache“ beschreiben die Expertinnen Jeannine Mik und Sandra Teml-Jetter und machen weiter deutlich:

„Es ist schwer, Deinem Kind auch bei Stress liebevoll zu begegnen, wenn Dein inneres Kind lauter schreit als das vor Dir. Frühere heftige, mitunter auch traumatische Erlebnisse speichern sich tief in unser Körpergedächtnis – sie sind nicht erinnerbar, aber auch nicht unvergesslich. Und gerade im Leben mit Kindern gibt es dann zahlreiche Trigger, die derlei Prägendes wieder an die Oberfläche holen können.“

Diese Trigger führen zu Wutreaktionen in Situationen, die augenscheinlich gar nicht „so schlimm“ sind, aber bei Dir einen Schalter umlegen.

3. Muster zu durchbrechen ist ein Prozess: Angelernte und gleichzeitig anerzogene Muster und Triggerpunkte aufzudecken und aufzuarbeiten erfordert Deine innere Arbeit und braucht Zeit und Geduld. Immer und immer wieder.

Kind angeschrien: Schreien ist kein unkontrollierbarer Reflex!

Aber wie kannst Du es schaffen, in diesen herausfordernden Situationen nicht die Nerven zu verlieren? Zunächst einmal wichtig zu wissen ist: Schreien ist kein Automatismus! Es fühlt sich zwar oft so an, als würde die Wut wie eine Welle angerollt kommen, der Du nicht entfliehen kannst – und gefühlt innerhalb von Sekunden hast Du Dein Kind schon angeschrien. Doch das ist ein Trugschluss! Du entscheidest in jeder Situation, wie du handeln möchtest. Zwischen dem Auslöser für Dein Schreien und Deiner Reaktion liegt ein Zwischenmoment. Genau den gilt es zu erkennen und Dich dann bewusst anders zu entscheiden. Das erfordert Übung und Selbstreflexion, aber lass‘ Dir gesagt sein: Es ist machbar! Achtsam, schrittweise und mit Nachsicht Dir selbst gegenüber.

Erste Hilfe: So verhinderst Du das Anschreien Deines Kindes Last-Minute

Für kurzfristige Akuthilfe sprich ein klares inneres Stopp gegen Deinen ersten Impuls aus. So kannst Du die Zeitspanne zwischen Auslöser und Reaktion des Schreiens verlängern. Am besten folgt direkt auf Dein Stopp eine Handlung, die Dich zurück in den Moment bringt:

  • Mag sich komisch anhören, hilft aber: Setz´ Dich auf den Boden und erde Dich.  
  • Gehe in ein anderes Zimmer, um „herunterzukühlen“.
  • Schließe die Augen und atme 5x tief ein und wieder aus.
  • Lasse kaltes Wasser über Dein Gesicht oder Deine Handgelenke laufen, wenn gerade möglich.
  • Rieche an etwas Angenehmem. Dazu kannst du z.B. ein ätherisches Öl am Morgen auf Dein Handgelenk auftragen und Dir unter Dir im Wutmoment unter die Nase halten.
  • Halte ein Mantra für Dich bereit, was Dich zurück in den Moment holt. Falls zum Beispiel etwas kaputt gegangen ist: „Es ist jetzt nicht mehr rückgängig zu machen. Es ist keine Notsituation. Ich kann jetzt entscheiden wie ich reagiere.“

Was auch immer für Dich funktioniert, wichtig ist: Entscheide vorab, was Du tun wirst, wenn die Wut aufkommt. So kannst Du es direkt umsetzen anstatt erst überlegen zu müssen und verringerst damit das Risiko Dein Kind anzuschreien.

Wieder Dein Kind angeschrien? Was Dir langfristig hilft, es zu verhindern

Dein langfristiges Ziel ist es in erster Linie den Moment zwischen dem Auslöser bzw. Trigger Deiner Wut und Deiner Reaktion zu verlängern und damit gegen den ersten Impuls zu handeln. Innehalten statt reagieren – der vermutlich schwierigste Teil. Dazu darfst Du erst einmal hineinfühlen, wie es sich für Dich körperlich anfühlt, wenn die Wut angerollt kommt. Wie reagiert Dein Körper? Spüre. Übe. Wiederhole. Erkenne nach und nach früher, wann es soweit ist. Du wirst das schaffen!

Die folgenden 9 Tipps helfen Dir außerdem:

1: Setze frühzeitig Grenzen!

Dein Kind klettert zum 10. Mal auf Deinem Körper herum und eigentlich ist Dir gar nicht danach? Lieber einen Moment früher als später Deine persönliche Grenze deutlich zu kommunizieren, kann verhindern, dass Du Dein Kind anschreist.

2: Beobachte Dich und lerne Deine Triggerpunkte kennen

Wann macht Dein Kind Dich von 0 auf 100 ganz besonders wütend? Sind Dir diese Situationen bewusst, kannst du sie zukünftig viel leichter identifizieren und Handlungsalternativen für Dich finden und nutzen. Tagebuch führen und 2-3 Minuten am Abend den Tag reflektieren kann tatsächlich helfen!

3: Finde ein für Dich passendes Ventil für Deine Wut

Ins Kissen hauen und dem Kind nachher erklären, warum das gerade geholfen hat? Die Wut im Körper lokalisieren und sie versuchen dort zu fühlen und ihr Raum zu geben? Hier führen viele Wege zum Ziel. Deiner kann ganz individuell sein. Hauptsache Du schluckst die Wut nicht runter.

4: Ersetze negative Kommunikationsmuster durch positive

Suche Dir hilfreiche und positive Antworten für Situationen, die häufiger bei euch vorkommen. Schreibe sie Dir auf und verinnerliche sie! Das kann anfangs tatsächlich helfen! So lassen sich festgefahrene negative Kommunikationsmuster schrittweise ersetzen.

5: Reflektiere Wutsituationen

Bist Du zu knapp aufgestanden? Warst Du hungrig, durstig oder müde? Hast Du Dir zu viel vorgenommen? Geh auf Ursachenforschung und überlege Dir wie Du der Wut beim nächsten Mal entgegenwirken kannst.

6: Lass‘ Leichtigkeit und Spiel in Euren Alltag

Anziehen, Zähneputzen, Zimmer aufräumen können durch Rollenwechsel, Anziehstraßen & Co. vom Stressfaktor zur Freude werden. Tschüss Frust und Wut!

7: Halte Frust und starke Gefühle Deines Kindes aus!

Kleinkinder haben noch nicht die Gehirnreife, ihre Gefühle selbst zu regulieren. Daher sind Wutanfälle völlig normal und gesund. Lerne den Frust Deines Kindes zu begleiten. Denn Emotionen sind gut und dürfen sein – bei allen Familienmitgliedern!

8: Suche Dir Unterstützung

Manchmal ist der eigene Rucksack zu schwer, als dass wir ihn alleine tragen können. Hast Du das Gefühl alleine nicht mit Deiner Wut umgehen zu können, suche Dir Hilfe! Familienbegleiter*innen und Therapeut*innen können Dich mit ihrer Expertise auf Deinem Weg einfühlsam und schrittweise begleiten.

9: Belies Dich zum Thema Selbstregulation

Das Buch „Mama, nicht schreien! Liebevoll bleiben bei Stress bei Stress, Wut und starken Gefühlen“ von Sandra Teml-Jetter und Jeannine Mik kann ich zum Einstieg sehr empfehlen.

Kind angeschrien: Mein Fazit

Bis neues Verhalten anstelle des Schreiens zur Gewohnheit wird, braucht es Zeit. Behalte immer im Kopf: Es ist möglich und auch Du kannst es schaffen! Der Weg wird womöglich mit Rückschlägen verbunden sein, aber der erste Schritt ist schon getan. Auch wenn Du Dein Kind angeschrien hast – Du hast Deine Not erkannt. Und jetzt kannst Du neu entscheiden – für Dich, für Dein Kind, für Euch als Familie.

War mein Artikel für Dich hilfreich? Was machst Du, wenn Du Dein Kind angeschrien hast? Wir sind gespannt auf Deinen Kommentar!

Quellen:

Mik, J. & Teml-Jetter, S. (2019): Mama nicht schreien! Liebevoll bleiben bei Stress, Wut und starken Gefühlen. Kösel Verlag, München.

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