Mama guck mal, was ich kann!


    Während ich versuche dem strampelnden, weinenden Baby (9 Wochen) die Windel anzulegen, damit er flott seine Milch trinken kann, beschallt mich meine Tochter (3,5 Jahre) ununterbrochen: „Mama schau mal. Mama, hör mal! Mama guck mal, was ich kann.“ Wenn ich dann schaue, steht sie da und hebt beide Arme hoch. Oder sie streckt ihren Zeh. Oder versucht gerade krampfhaft etwas zu finden, was sie mir präsentieren kann. Oh je! Die Phase (ich hoffe, dass es eine kurze Phase ist), steht deutlich in Verbindung mit der Geburt des Buben. Wir freuen uns über sein Lachen, über seine Versuche vorwärts zu strampeln und darüber wie gut er sein Köpfchen hält. Wir schenken seinen vergleichsweise winzigen Fortschritten viel Beachtung. Sicherlich viel zu viel für den Geschmack unserer Tochter. Also gibt sie Gas. Wenn der Bub weint, jault sie manchmal so laut, dass sie ihn übertönt. Spreche ich intensiv mit dem Kleinen, startet sie ihre „Mama, guck mal! – Salve“. Und überhaupt, ringt sie mit allen erdenklichen Mitteln um unsere Aufmerksamkeit. Das ist einerseits verständlich, weil sie uns (Thomas und mich) vor der Geburt ihres Brüderchens mit niemandem teilen musste. Wir waren 100%ig für sie da und jetzt muss sie sehr oft zurückstecken. Andererseits ist es (zumindest aus meiner Perspektive) Quatsch, weil ich nach wie vor viel Zeit mit ihr verbringe und es auch vor dem Bub Zeiten gab, in denen sie sich alleine beschäftigen musste. Und so rollte ich innerlich die Augen und überlegte (leicht genervt) wie ich am besten reagiere. Ich sagte ihr ein paar Mal, dass ich sie doch sehe und wahrnehme, dass ich ihr gerne zuschaue und zuhöre, aber dass es mich nervt, wenn sie mir zum 100. Mal zeigt wie sie auf einem Bein stehen kann. Doch das ist Blödsinn. Denn beim Kleinen freue ich mich auch beim 1000. Mal noch über sein Lachen und wie soll sie wissen, dass ich ihre Fähigkeiten auch gut finde, wenn ich diese (im Verhältnis) kaum kommentiere. Deswegen versuche ich ihr „echte Aufmerksamkeit“ in kleinen Dosen zu geben, statt sie schnell und permanent mit einem nicht ernst gemeinten „Ja, schön!“ abzuspeisen. Ich sage ihr beispielsweise, dass ich jetzt den Kleinen wickeln und anziehen muss und ich ihr anschließend in Ruhe zuschaue. Ein guter Kompromiss, denn so kann ich mich ungestört um den Bub kümmern und sie erhält ein exklusives Zeitfenster, in dem sie sich nach Herzenslust „austoben“ darf. Diese „Taktik“ verwende ich übrigens auch bei Tischgesprächen, denn vorzugsweise plapperte sie immer dann los, wenn Thomas oder ich anfangen zu erzählen. Wir erklären ihr klar und deutlich, dass Papa erst zu Ende reden darf und sie im Anschluss dran ist. Das klappt recht gut und mittlerweile fragt sie recht häufig, ob sie jetzt reden dürfe. Den Drang dazwischen zu quatschen kann sie jedoch nicht immer erfolgreich unterdrücken. Eine Schwäche, die mir heute noch innewohnt ;) Bettelt ein Kind so penetrant um Aufmerksamkeit, war bislang mein erster Impuls dieses Betteln zu ignorieren. Aber ich glaube, das wäre ein direkter Weg in einen Teufelskreis. Meine Tochter wünscht sich im Augenblick verständlicherweise mehr Beachtung, gehe ich nicht auf dieses Bedürfnis ein, wird sie sicherlich immer stärker um dessen Erfüllung kämpfen. Und sie ist ein verbissener Kämpfer… Darum setze ich weiterhin auf Kompromisse und die Bereitschaft meiner Tochter zu kooperieren. Ich kann und will sie nicht mit meiner ungeteilten Aufmerksamkeit überhäufen, aber das ist ja auch gar nicht nötig. Jeder von uns möchte ab und zu etwas Nettes gesagt bekommen und spüren wie wertvoll er für den anderen ist. Das gebe ich ihr gerne, vor allem weil sie mir in den letzten Wochen sehr oft zeigte, was für ein großes, selbstständiges und geduldiges Mädchen sie eigentlich ist.      

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