Neurodermitis

Mein Kind hat Neurodermitis – Was tun?


Schon in seinem ersten Lebensjahr hatte unser Baby immer wieder mit Hautproblemen zu kämpfen – dass es sich tatsächlich um Neurodermitis handelt, mussten wir aber erst kurz vor seinem zweiten Geburtstag feststellen. Denn mit etwa 22 Monaten verschlimmerte sich sein Hautbild enorm und zusätzlich zur trockenen Haut begann er, wie wild zu kratzen. Schnell war klar: Unser Kind hat Neurodermitis. In den vergangenen Monaten habe ich mich daher ausgiebig zum Thema Neurodermits bei Kindern und möglichen Hilfen beschäftigt.

Was ist Neurodermitis?

Die detaillierten Zusammenhänge und Ursachen von Neurodermitis (atopische Dermatitis / atopisches Ekzem) konnten noch nicht abschließend geklärt werden. Als sicher gilt, dass die entzündliche Hauterkrankung im Zusammenhang mit einer vererbten Allergieneigung steht und gleichzeitig durch Umwelteinflüsse hervorgerufen oder verschlimmert werden kann. Wenn ein Elternteil unter einer allergischen Vorerkrankung leidet, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass der Nachwuchs Neurodermitis hat, bei fast 40%. Bei zwei betroffenen Elternteilen erhöht sich der Prozentsatz sogar auf bis zu 67%.

Bei allen Neurodermitis-Patienten liegt eine Störung der Barrierefunktion der oberen Hautschichten vor, d.h. sie sind nicht ausreichend gegen den Verlust der Hautfeuchtigkeit und das Eindringen von Fremdstoffen geschützt. Sowohl der Harnstoffgehalt, als auch die Talgproduktion, sind stark verringert. So können fremde Partikel wie Hausstaubmilben oder Pollen in die unteren Hautschichten vordringen. Hier rufen sie eine allergische Reaktion hervor und eine Entzündung entsteht. Weil sowohl trockene, als auch entzündete Haut juckt, ist auch starker Juckreiz symptomatisch für das atopische Ekzem.

Neurodermitis bei Babys und Kleinkindern

Etwa 15-20% aller Babys und Kleinkinder leiden unter Neurodermitis. Etwa jedes dritte Kind leidet zusätzlich unter einer Lebensmittelallergie. Bei etwa einem Drittel der betroffenen Kinder verschwinden die Symptome nach einigen Jahren und die Neurodermitis verschwindet. Bei vielen Kindern verschwinden zwar die Hautprobleme bis zur Pubertät, dafür entwickelt sich eine Allergie wie Heuschnupfen oder allergisches Asthma. Im Erwachsenenalter leiden nur noch etwa 2-3% der Menschen an Neurodermitis.

Echter Milchschorf bei Babys kann als erstes Anzeichen für Neurodermitis gelten. Im Gegensatz zum harmlosen Kopfgneis ist echter Milchschorf relativ selten. Er ist gelblich, nässt, schuppt und juckt stark. Das heißt, wenn Dein Baby sich nicht kratzt oder weint wegen der Hautschuppen auf dem Kopf, gibt es auch keinen Grund zur Sorge.

Während im Säuglingsalter häufig Kopf, Gesicht und Ohren sowie Oberarme betroffen sind, entzünden sich im Kleinkindalter eher Arm- und Kniekehlen, Hände und Füße.

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Das Problem bei Babys und Kleinkindern ist vor allem der Juckreiz. Sie verstehen noch nicht, dass sie nicht kratzen dürfen. Denn das Kratzen beschädigt die Hautschichten noch mehr und es können zusätzlich Bakterien / Viren in die Haut eindringen und weitere Entzündungen verursachen. Zudem ist starker Juckreiz in jedem Alter sehr belastend und kann sowohl Schlaf als auch den normalen Alltag negativ beeinflussen.

Nicht jede rote Stelle ist gleich Neurodermitis, allerdings solltest Du besonders wachsam sein, wenn folgende Faktoren zutreffen:

Risikofaktoren für Neurodermitis
Ein oder beide Elternteile haben eine Allergie, Asthma, Heuschnupfen oder Neurodermitis
Ein Geschwisterkind hat Neurodermitis
Die trockene bzw. gerötete Haut tritt in Schüben auf und immer wieder.
Die Hautpartien jucken stark.
Die Haut reagiert auf Einflussfaktoren wie Stress oder Ernährung.

Was hilft gegen Neurodermitis?

Leider sind pauschale und allgemein gültige Heilmittel und Handlungsanweisungen hier fehl am Platz. Denn die atopische Dermatitis verläuft bei jedem Menschen individuell, kann von einer Vielzahl an Stoffen ausgelöst oder verschlimmert werden und so muss jeder Betroffene einen eigenen Weg finden. Für Eltern bedeutet das, dass sie viel Geduld aufbringen und viele Dinge für bzw. mit dem Kind ausprobieren und abklären müssen. In den meisten Fällen ist der Weg lang und der Fokus liegt zunächst auf einem Lindern des Beschwerdebildes.

Wer aus einer Familie mit hohem Allergierisiko kommt, sollte folgende Punkte zur Verbeugung von Neurodermitis beachten:

  • 4-6 Monate voll stillen, d.h. vorher auch keine Beikost einführen, verringert das Risiko für das Baby nachweislich stark.
  • Verzichte darauf, die Haut Deines Babys in Kontakt mit Chemikalien, z.B. aus Badezusätzen, Shampoos, parfümierten Cremes, Waschmittel, Weichspüler, ungewaschener, neuer Kleidung zu bringen.

Wenn die Neurodermitis bei Deinem Baby bereits ausgebrochen ist, solltest Du einen Arzt zu Rate ziehen und folgende Punkte abklären:

  • Eventuelle Allergien und Lebensmittelallergien können anhand eines Bluttests diagnostiziert werden. Leider gibt es im Bereich der Nahrungsmittelallergien auch verzögerte Allergien bzw. Allergien vom Typ III, die durch einen solchen Test nicht aufgezeigt werden. Dann hilft nur das Experimentieren mit verschiedenen Lebensmitteln.
  • Abstimmung der geeigneten Pflegecreme mit dem Kinderarzt.
  • Antiallergikum / Antihistaminika: Diese Allergiehemmer gehören nicht zur regulären Behandlung, werden aber oft verschrieben, wenn Kinder nachts nicht richtig schlafen können. Weil manche Kinder wie Erwachsene davon sehr müde werden, sollten sie vorzugsweise nachts gegeben werden.
  • Cortison / Steroide: Das sind körpereigene Hormone, wirken als Medikament wie ein starker Entzündungshemmer. Viele Eltern haben Angst vor nachgewiesenen Langzeitwirkungen dieses Stoffes. Die Langzeit-Nebenwirkungen von Cortison gelten allerdings nur für orales Cortison, nicht für Salben. Der einzige Langzeit-Effekt, der für die Lange Anwendung von Cortsion-Creme nachgewiesen wurde, ist dünnere Haut an der betreffenden Stelle. Trotzdem warnen Ärzte vor einem übermäßigen Gebrauch – eine Verwendung sollte also auf die Schübe beschränkt und ärztlich abgesprochen sein. Im Notfall kann sie aber einen Schub relativ schnell abklingen lassen.
  • In extremen Fällen können Bandagen, die mit Wirkstoff-Salbe getränkt sind und dann mit trockenen Bandagen nochmals umwickelt werden, helfen.
  • Wenn Dein Baby die Haut aufgekratzt hat, kann es zu eitrigen Hautentzündungen kommen. Dann hilft eine antibiotische Salbe oder Tabletten.

Zusätzlich kannst Du Deinem Baby mit diesen Tipps das Leben erleichtern:

  • tägliche Hautpflege mit einer geeigneten rückfettenden Creme
  • Verzicht auf Stoffe, die die Haut weiter reizen bzw. austrocknen: Badezusätze, parfümierte Cremes, Chlorwasser, Kleidung aus Seide, Wolle und Polyester, sehr enge Kleidung, zu warme Kleidung, heiße Bäder, Rückstände in neuer Kleidung oder vom Waschmittel, Weichspüler
  • hochkonzentrierte Zinksalbe hilft stark geschädigten Hautpartien, zu heilen.
  • Reha beantragen bei Krankenkasse oder Rentenkasse
  • Alternative Methoden wie Osteopathie oder Heilpraktiker aufsuchen
  • Fingernägel immer kurz halten, sodass das Kratzen weniger Hautschäden verursacht.

Neurodermitis und Ernährung

In bis zu 30% der Fälle hilft eine gezielte Vermeidung bestimmter Nahrungsmittel, die Symptome zu verbessern. Häufige Lebensmittel sind Kuhmilch, Hühnereiweiß, Nüsse, Weizenprodukte, Sojaprodukte, Beeren und Zitrusfrüchte.

Es gibt außerdem Forschungsergebnisse, die zeigen, dass die Einnahme von Probiotika während der Schwangerschaft und Stillzeit das Risiko für das Baby, an Neurodermitis zu erkranken, verringert. Das  bedeutet im Umkehrschluss, dass Neurodermitis auch mit dem Darm und einer gesunden Darmflora zusammenhängt.

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