Mein Kind ist ein schlechter Esser! Was kann ich tun?


    Wenn es nach unserem Mädchen (4 Jahre) ginge, würde sie sich am liebsten von Nudeln mit Pesto und Mozzarella (ihre Lieblingsspeise) oder Gummibärchen und Schokolade ernähren, obwohl das bis vor Kurzem noch ganz anders aussah. Sie schaufelte alles – vor allem Obst und Gemüse – in sich hinein und zwar so genüsslich, dass es eine wahre Freude war, ihr beim Essen zuzuschauen.

    Am liebsten süß und fettig

    Die Vorliebe für süße und fettige Nahrungsmittel ist fest in unseren Genen bzw. in unserem Gaumen verankert, denn wir Menschen beurteilen Nahrungsmittel über unseren Geschmackssinn. „Während die Wahrnehmung von „süß“ hilft, reife und damit möglichst kohlenhydratreiche Früchte zu erkennen, steht „sauer“ für unreif, d.h. kalorisch minderwertig oder auch „möglicherweise verdorben“. „Bitter“ weist ebenfalls auf potenziell ungünstige Nahrung hin, denn Bitterstoffe kommen besonders in verdorbenen oder gar giftigen Nahrungsquellen vor.[…] Für Fett gibt es zwar keine eigenen Geschmacksantennen auf der Zunge, dennoch werden fettreiche Nahrungsmittel schon ab der Säuglingszeit bevorzugt. Fett verstärkt nämlich die positiven Geschmacksqualitäten – das Essen schmeckt süßer und würziger“ (Kinder verstehen, Renz-Polster).

    Die Angst vor Neuem

    Zudem entwickeln viele Kleinkinder eine sogenannte Neophobie (Angst vor Neuem). „Während Babys zwischen vier und sechs Monaten nahezu alles in den Mund stecken, was ihnen angeboten wird, werden Kinder ab etwa 18 Monaten skeptischer. Wehe man bringt ein Gemüsemolekül in die Nähe ihrer Nudeln… Im späten Kleinkindalter hat die Skepsis gegenüber Neuem ihr Maximum erreicht: Kinder sind dann wirklich schlechte Esser und lehnen neue, geschmacklich komplexe oder eventuell bitter schmeckende Nahrungsmittel oft komplett ab. Erst zwischen 8 und 12 Jahren öffnet sich der Wahlhorizont wieder“ (Kinder verstehen, Renz-Polster).

    Alles normal

    Dass unser Mädchen vorzugsweise zu Mozzarella und Schokolade greift und meine Apfelschnitze ignoriert, hat also einen sinnvollen Hintergrund und scheint normal zu sein. Dennoch biete ich ihr täglich abwechslungsreiche Kost an. Ich versuche ihr Obst und Gemüse schmackhaft zu machen und den Konsum von Süßigkeiten einzuschränken.

    Zucker: Suchtmittel und Krankmacher

    Denn nachdem das Mädchen eine Zeit lang ständig nach Süßigkeiten fragte, überlegte ich lange wie wir den Genuss von Süßigkeiten in unserer Familie am besten handhaben. Ich entschied mich für einen Mittelweg: Ich werde Süßigkeiten bzw. Zucker niemals verbieten, auch nicht super streng rationieren, aber eben auch nicht frei zur Verfügung stellen, im Sinne von Selbstbedienung. Zum einen, weil in der Natur weder Salz noch Zucker in reiner Form vorkommen. Die Möglichkeit Salz und Zucker zu den Speisen hinzuzufügen, manipuliert die Mechanismen der (selbstregulierenden) Appetitkontrolle, so dass nicht nur wir, sondern auch unsere Kinder mehr essen, als uns gut tut (Mein Kind will nicht essen, Gonzalez). „Zucker manipuliert außerdem nicht nur unsere Hirnzellen: Ein hoher Zuckerkonsum greift auch in die Verdauung ein, erhöht die Produktion von Insulin im Körper, was zum Wachstum von Krebszellen in der Bauchspeicheldrüse beiträgt. Und das vermeintlich süße Leben hat noch viele weitere Auswirkungen auf unsere Gesundheit, von denen die meisten Menschen nichts ahnen“ (siehe „Wie Zucker zur tödlichen Droge wird„). An Typ 2 Diabetes (Altersdiabetes) erkranken heute übrigens immer mehr junge Menschen (etwa 300000 pro Jahr!). Und das sind nicht unbedingt immer übergewichtige Kinder, wie man vielleicht vermuten würde… Deswegen wird es hier nie eine offen zugängliche Süßigkeiten-Schublade geben, aber gerne jeden Tag eine Handvoll Süß.

    Wie wird mein Kind zu einem vernünftigen Esser?

    Dass unser Mädchen gerade sehr wählerisch ist, gehört offensichtlich zu einer normalen Kindheit dazu. Die meisten Kinder durchlaufen eine Phase, in der sie sich auf süße, energiedichte Speisen konzentrieren und nur das essen, was sie kennen. Ich könnte ihr nun Gemüse und Obst gegen ihren Willen aufzuzwingen, aber das erscheint mir nicht der richtige Weg. Denn ich habe die Erfahrung gesammelt, dass sich viele „Erziehungsprobleme“ von alleine lösen, wenn ich entspannt damit umgehe und kein großes Tamtam darum mache. Mein Ansatz:

    Sale
    1. Ich koche jeden Tag frisch, weil ich gesunde Kost und Abwechslung mag. Fertiggerichte sind nicht nur süßer und salzhaltiger, sondern auch um einiges energiedichter.
    2. Wir essen gemeinsam am Familientisch Gemeinsames Essen ist sehr angenehm, außerdem sehen die Kinder uns essen und somit dass unser Essen nicht „gefährlich“ ist. Vorbild und so…
    3. Keine Zwänge Niemand muss essen und niemand muss seinen Teller leer essen.
    4. Keine Extrawurst Verschmäht das Mädchen ein Gericht komplett (kam bislang zum Glück nur einmal vor), darf sie ein belegtes Brot haben. Ich koche jedoch nicht extra ihr Lieblingsgericht.
    5. Süßigkeiten in Maßen Ich zücke hier keine Goldwaage und manchmal darf sie so viel Süßigkeiten essen wie in ihren Bauch hineinpassen. In der Regel gibt es bei uns aber nur eine Handvoll pro Tag.
    6. Obst und Gemüse appetitlich präsentieren Da unser Mädchen auf die Mogelverpackungen von unausgewogen Kinderlebensmitteln hereinfällt (siehe „Foodwatch: 281 Kinderlebensmittel im Test“), versuche ich mit nett hergerichtetem Essen dagegen zu halten. Das klappt erstaunlich gut!
    7. Keine falschen Erwartungen Nur weil ich Obsttüten packe oder Gemüse drapiere, erwarte ich nicht von ihr, dass sie sich vor Freude überschlägt. Es ist für mich ok, wenn sie mein Angebot ablehnt (dann bekomme ich eine extra Portion Obst), aber einen Versuch ist es immer wert.

    Schmetterlinge aus Obst

    Ein Beispiel für kindgerechte Snacks sind meine Obst-Schmetterlinge (siehe Foto). Dafür  besorgte ich verschließbare Frühstückstüten, Verschlussklipse, bunte Pfeifenputzer und selbstklebende Kulleraugen. Dann packte ich einfach ein paar Trauben und Pflaumen in die Tüten (symmetrisch versteht sich), die ich mit den Verschlussklipsen zumachte und das Ganze dekorierte ich mit Augen und Fühlern. Als ich meine putzigen Falter an unser Mädchen und ihrer Freundin übergab, strahlten sie über beide Ohren und futterten im Nu alles auf. Diese Mission hatte ich mehr als erfüllt :)  

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