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Spaltung der Gesellschaft: Gegenseitiges Verständnis bei Eltern schaffen


Schlaflerntraining, Medienzeit, Stillen in der Öffentlichkeit und Zuckerkonsum sind nur einige Themen, bei denen das Diskussionspotenzial unter Eltern groß ist. Hast Du Dich auch schon mal zu einem Erziehungsratschlag in einer Facebook-Gruppe hinreißen lassen? Der Umgangston in Sozialen Medien fällt oftmals extrem rau aus. Fronten wirken verhärtet. Spaltet sich unsere Gesellschaft? Und wenn ja, wie können wir unter Eltern für mehr Verständnis sorgen? 

Gibt es eine Spaltung in der modernen Gesellschaft? 

Tatsächlich weisen verschiedene Untersuchungen und Wissenschaftler darauf hin, dass die Spaltung in Deutschland voranschreitet. Sie sei nicht so ausgeprägt wie in Ländern wie zum Beispiel den USA und Frankreich, dennoch sei sie vorhanden.  

Ulrike Ackermann, Freiheitsforscherin, Politikwissenschaftlerin und Soziologin, gab im März 2020 ein spannendes Interview. Sie spricht von der Gefahr der Rudelbildung verschiedenster Gesellschaftsgruppen. Sogar in Universitäten beobachte sie Polarisierung anstatt freier Debatte. Kommt es in einer Gesellschaft zu ausgeprägter Lagerbildung, kann dadurch eine Gefahr für demokratische Systeme entstehen.  

More in Common e. V. führte eine repräsentative Umfrage zum Zustand und der Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft durch. Bei der Studie wurden sowohl politikwissenschaftliche als auch sozialpsychologische Aspekte berücksichtigt. Es konnten 6 grundlegende Typen identifiziert werden, die in etwa gleich hoher Anzahl in Deutschland vorkommen. Diese sind: 

  • Die Enttäuschten: Ihr Sinn strebt nach Gerechtigkeit, sie fühlen, dass die Gemeinschaft verloren ist und Wertschätzung oftmals fehlt.  
  • Die Etablierten: Dieser Typ ist großteils zufrieden, verlässlich und im Frieden mit der Gesellschaft.  
  • Involvierten: Sie engagieren sich gerne, haben einen großen Bürgersinn und verteidigen Errungenschaften. 
  • Die Offenen: Ihnen ist Selbstentfaltung wichtig. Sie denken kritisch und hinterfragen, gleichzeitig sind sie weltoffen.  
  • Die Pragmatischen: Sie sind erfolgreich und kontrollieren gerne die Situation. Außerdem ist ihnen privates Fortkommen ein Anliegen.  
  • Die Wütenden: Sie betreiben Systemkritik, sind misstrauisch und um nationale Ordnung bemüht.  

In Bezug auf die Spaltung der Gesellschaft, gibt die Studie unter anderem folgende spannende Aussagen: 

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  1. Die öffentliche Debatte in Deutschland ist zunehmend hasserfüllt finden 63 % der Pragmatischen und 79 % der Involvierten sowie Enttäuschten. Der Rest liegt dazwischen. 
  1. Selbst berechtigte Meinungen können heute nicht mehr öffentlich geäußert werden, ohne dass man angegriffen wird, denken 98 % bzw. 89 % der Wütenden und Enttäuschten. Mit 54 % teilen die Offenen am wenigsten diesen Eindruck.  

Die gesamte Studie zeigt, dass es unterschwellig sehr viele gesellschaftliche Konflikte gibt. Diese werden auch immer massiver ausgetragen.  

Gerade in Bezug auf das gegenseitige Mom-Bashing hat sich auch Mareike von Babyartikel.de ihre Gedanken gemacht. Sie beschreibt, wie schockiert sie oftmals über das Verhalten von Müttern untereinander ist. Mareike sieht innere Defizite als Grund für massive Anfeindungen unter Mamas. Wenn eine Mutter mit sich selbst nicht zufrieden ist, wird sie möglicherweise umso mehr austeilen und ihre Lebensweise verteidigen. Ich glaube, dass Mareike hier tatsächlich einen wichtigen Punkt anspricht.  

Zum Abschluss dieses Absatzes möchte ich darauf hinweisen, dass 70 % aller Menschen den Wunsch haben, dass die Gesellschaft wieder mehr zusammenfindet und Verständnis füreinander aufbringt. Und zwar trotz unterschiedlicher Meinungen und Einstellungen. Ich finde, darauf lässt sich doch aufbauen.  

Diskussionskultur: Wie sieht eine konstruktive Debatte aus? 

Kennst Du Mamas oder Papas, die sich wegen unterschiedlicher Meinungen schneiden. Oder Eltern, die ganz offen und lautstark ihre Reibereien austragen. Ich empfinde den Umgang im persönlichen Kontakt wesentlich respektvoller, als das, was online abgeht. Im Netz ist er oftmals grenzüberschreitend.  

Es fällt mir nicht leicht einzugestehen, dass auch ich nicht immer die beste Diskussionskultur besitze. Wenn jemand eine andere Meinung hat, will ich ihn überzeugen. Teilweise artet das in Streit aus oder der Kontakt wird weniger. Wenn ich Menschen der älteren Generation beobachte, sieht das oftmals anders aus. Ich glaube, dass unter anderem die 68-er Generation eine andere Debattenführung hatte als wir Jüngeren.  

Mir scheint es so, als wäre damals eine Diskussion mehr ein Meinungsaustausch als ein Kampf gewesen. Das ist allerdings auch nur mein Eindruck. Einen wissenschaftlichen Beleg dafür oder dagegen habe ich nicht gefunden.  

Stattdessen bin ich bei der Zeit auf einen spannenden Artikel der Argumentationsforschung gestoßen. Darin werden 10 Regeln einer konstruktiven Diskussion vorgestellt. Hier die wichtigsten Punkte in der Übersicht: 

  1. Gegenseitiges Verständnis durch Zuhören 
  1. Keine Themensprünge oder gewährsalvenartigen Argumentationsketten 
  1. Offene Fragen  
  1. Identifikation des gemeinsamen Nenners 
  1. Kein Predigen 
  1. Begründung der eigenen Meinung 
  1. Wohlwollender Blick auf das Gegenüber 
  1. Sachlichkeit 
  1. Deeskalierendes Verhalten 
  1. Perspektivwechsel 

Tatsächlich beobachte ich an mir und anderen, dass in Debatten oftmals die eigenen Argumente heruntergerattert werden. Das Gegenüber hat keine Möglichkeit, sich zu jedem Punkt zu äußern, sondern wird von Fakten erschlagen. Wir kommen auch oft vom Hundertsten ins Tausendste. Während man am Anfang noch über den Zuckerkonsum der Kinder gesprochen hat, streitet man plötzlich über das Impfen.  

Auch bei der Corona-Thematik erlebe ich mich und andere immer wieder in der belehrenden Position. Ansichten werden nicht wirklich begründet und Sachlichkeit fehlt völlig, weil wir in Emotionen verhaftet sind.  

Was mir geholfen hat, andere Meinungen besser zu akzeptieren 

Vor zwei Wochen sah ich ein interessantes Interview mit einem Historiker. Es ging um die aktuelle Diskussionskultur in der Corona-Krise. Er stellte die Positionen von Corona-Leugnern und ihren Gegenstreitern ganz sachlich dar.  

Ich erkannte, dass es auf beiden Seiten tiefgreifende Ängste gibt. Aus diesen Ängsten heraus wird gehandelt. Weil wir selbst eine große Angst vor bestimmten Dingen haben, wollen wir unser Gegenüber unbedingt davon überzeugen, dass wir recht haben.  Das gilt nicht nur für Corona, sondern fast alle Debatten.

Jeder Mensch hat einen unterschiedlichen Informationsstand und ist unterschiedlich geprägt. Deshalb sind auch die Ängste verschieden. Es gibt wahrscheinlich niemanden auf der Welt, der in allen Punkten unserer Meinung ist. Ist das überhaupt notwendig? 

Können wir nicht einfach sehen, dass die andere Mama auch nur das beste Leben für ihre Kinder will? Dass sie sich ebenso bemüht und versucht, ihr Möglichstes zu geben, genauso wie Du und ich? Gerade als Eltern haben wir sowieso schon mit so vielen Herausforderungen zu tun, müssen wir uns da wirklich gegenseitig bekämpfen? Wäre es nicht sogar vielleicht viel spannender zu verstehen, wie der andere zu seiner Meinung kommt?  

Für mich ist es am hilfreichsten, mein Gegenüber durch die Brille der Liebe zu sehen. Dann fallen meine Argumente in Debatten wesentlich milder aus. Das Resultat ist viel häufiger gegenseitiges Verständnis.  

Wie sind Deine Erfahrungen mit anderen Eltern? Gegenseitiges Verständnis oder viel Potenzial für Diskussionen? Wir freuen uns über Deine Meinung – und bitte immer an die Ne(t)tiquette denken :)

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