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Kolostrum ausstreichen vor und nach der Geburt: Anleitung & alle Infos


Hast Du auch schon mal vom Ausstreichen von Kolostrum per Hand gehört und Dich gefragt, warum manche Frauen das machen und wie das genau funktioniert?

In diesem Artikel erkläre ich Dir, was damit gemeint ist und für welche Frauen das Ausstreichen des Kolostrums bereits vor der Geburt des Babys sinnvoll sein kann.

Kolostrum ausstreichen: Das Wichtigste in Kürze

Bevor wir in die Details einsteigen, hier die wichtigsten Infos zum Thema zusammengefasst:

  • Kolostrum ausstreichen ist frühestens ab der 37. SSW sinnvoll.
  • Vor der Geburt wird Kolostrum ausstreichen z.B. bei Diabetes der Mutter oder verschiedenen Erkrankungen des Babys empfohlen.
  • Das ausgestrichene Kolostrum kannst Du in Spritzen eingefroren mit in die Klinik nehmen.
  • Kolostrum ausstreichen nach der Geburt kann sinnvoll sein, wenn Dein Baby z.B. saugschwach oder krank ist.

Was ist Kolostrum eigentlich?

Kolostrum, auch Vormilch genannt, ist die erste Milch, mit der Du Dein Baby nach der Geburt für ca. 2 Tage versorgst. Bereits mit der vollendeten 16. Schwangerschaftswoche hat Dein Körper das „flüssige Gold“ fertig gebildet. Da der Babymagen nach der Geburt noch sehr klein ist und das Kolostrum so reich an Proteinen, Nährstoffen und Antikörpern ist, reichen bereits kleine Mengen Deinem Baby vollkommen aus. Mediziner sprechen in diesem Zusammenhang auch von der ersten oralen Impfung des Babys, da Kolostrum nachgewiesenermaßen das Immunsystem und die Darmfunktion des Babys unterstützt, gegen Neugeborenengelbsucht schützt und Infektionen bekämpft. 

Nachdem Du Dein Baby ca. 2 Tage mit Kolostrum versorgt hast, wird die Vormilch zunächst von der sogenannten Übergangsmilch (im Volksmund auch Milcheinschuss genannt) und dann von der Bildung der reifen Muttermilch (ca. 14 Tage nach Geburt) abgelöst. 

Du siehst also: Kolostrum ist einzigartig in seiner Zusammensetzung. Es wird nur einmal gebildet und dem Baby zur Verfügung gestellt – und das sollte genutzt werden.

 

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Kolostrum ausstreichen vor der Geburt: Warum überhaupt?

Dafür gibt es mehrere Gründe – und auch der zeitliche Aspekt, wann eine Frau ausstreicht, muss bei dieser Frage berücksichtigt werden.

Studien haben zum Beispiel gezeigt, dass Frauen mit Diabetes (und dabei spielt der Diabetes-Typ keine Rolle) ein höheres Risiko haben, nach der Geburt einen verspäteten Milcheinschuss zu haben. Dadurch haben die Babys dieser Frauen automatisch ein höheres Risiko, schneller und mehr Gewicht zu verlieren, unterzuckert zu sein und früher mit Pre-Nahrung zugefüttert zu werden.

Um das zu vermeiden, kann eine schwangere Diabetikerin über die sogenannte präpartale Kolostrumgewinnung zum Ende der Schwangerschaft hin (ca. ab der 37. Schwangerschaftswoche) zusammen mit ihrer Hebamme oder einer Stillberaterin Kolostrum sammeln, einfrieren und zum Zeitpunkt der Geburt in einer Kühltasche mit in die Entbindungsklinik nehmen. In diesem Fall kann das Neugeborene nämlich direkt nach der Geburt mit dem aufgetauten Kolostrum seiner Mutter versorgt werden. 

Sollten in der Schwangerschaft neurologische Erkrankungen, Herzerkrankungen, eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte oder ein vermindertes Wachstum des Babys erkannt worden sein, ist auch in diesen Fällen die Gewinnung von Kolostrum am Ende der Schwangerschaft sinnvoll. 

Wichtig: Abgesehen von den genannten Indikationen wird die Gewinnung von Kolostrum vor der Geburt aber nicht empfohlen. Ein gesundes und termingeborenes Kind schafft es in der Regel sogar schon innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt von alleine bzw. mit ein bisschen Unterstützung aus der Brust zu trinken. 

Übrigens: Die eigentliche Milchbildung kommt erst nach der Geburt so richtig in Gang, wenn die Schwangerschaftshormone ausgeschwemmt und die Stillhormone, wie Oxytocin und Prolaktin, ansteigen.

Ab wann ist der richtige Zeitpunkt zum Kolostrum ausstreichen vor der Geburt?

Der empfohlene Zeitpunkt hängt von den individuellen Umständen ab:

  • Bei einer unkomplizierten Schwangerschaft starte bitte erst um die 37. Schwangerschaftswoche. Der Grund hierfür ist, dass die Stimulation der Brust Oxytocin freisetzt, ein Hormon, welches auch Gebärmutterkontraktionen auslöst und Wehen fördert – und daher zu einer Frühgeburt führen kann.
  • Bei drohender Frühgeburt, Mehrlingsgeburt oder geplantem Kaiserschnitt bitte erst mit Geburtsbeginn oder frühestens zwei Tage vor dem Kaiserschnitt starten.

Kolostrum ausstreichen nach der Geburt: Mögliche Gründe

Auch für das Ausstreichen von Kolostrum nach der Geburt, also postpartal, gibt es verschiedene Gründe. Dazu gehören z.B.:

  • Das Baby ist noch etwas saugschwach und kann noch nicht von alleine ausdauernd an der Brust trinken.
  • Ein krankes Baby muss mit Kolostrum versorgt werden.
  • Mutter und Kind mussten aufgrund medizinischer Indikationen nach der Geburt getrennt werden.
  • Auch Mütter, die sich gegen das Stillen entschieden haben, willigen oft aufgrund der zahlreichen gesundheitlichen Vorteile für das Baby ein, Kolostrum per Hand auszustreichen und es dem Baby zum Beispiel per Spritze oder Sonde in den Mundwinkel einzuflößen. 

Wenn es mit dem Stillen in der Klinik anfangs nicht klappt und Dein Baby nicht richtig saugt, kann Dir eine Hebamme oder eine Stillberaterin beim Kolostrum Ausstreichen und Füttern helfen. Zögere nicht, danach zu fragen!

Kolostrum Ausstreichen: Anleitung (mit Video)

1. Fachperson kontaktieren und Informationen einholen

Da Du unbedingt von geschulten Personal (Hebamme, Stillberaterin, Entbindungsklinik) beraten und angeleitet werden solltest, ist es sinnvoll, sich zunächst mit einer Fachperson darüber auszutauschen. Zudem haben manche Kliniken ihre eigenen Vorschriften und bieten eigenes Material an, welches Du nutzen kannst.

2. Material vorbereiten

Zum Auffangen und Aufbewahren von Kolostrum eignen sich sterile Einwegspritzen (1 ml, 2 ml oder 5 ml) mit der passenden Verschlusskappe oder spezielle Kolostrumbehälter. Manche Kliniken stellen die Auffangbehälter zur Verfügung, andernfalls kannst Du sie Dir in der Apotheke selber besorgen.

Zudem benötigst Du einen Stift und Etiketten, denn jeder Behälter muss beschriftet werden. Einzelne Spritzen müssen in einem passenden Zippbeutel in der Tiefkühltruhe gelagert werden, der ebenfalls mit Namen und Inhalt beschriftet werden muss. Für den Transport zur Klinik sollte das Kolostrum zwischen zwei Tiefkühl-Akkus in einer kleinen Kühltasche gelagert werden und bei Ankunft sofort in einen geeigneten Tiefkühlschrank gelegt werden.

3. Kolostrum ausstreichen und auffangen

  • Nimm dir ca. 1-3 mal täglich für 10 bis 20 Minuten Zeit und wasche dir bevor Du startest zunächst gründlich die Hände mit Seife.
  • Starte mit einer angenehmen Brustmassage für ca. 5 Minuten und verwende dabei einen Druck der Dir gut tut.
  • Platziere dann den Daumen und Zeigefinger/Mittelfinger einander gegenüber liegend, jeweils ca. 2–3 cm von der Brustwarze entfernt.
  • Hebe die Brust leicht an und führe sie waagerecht Richtung Brustkorb, dehne dabei das Gewebe mit den Fingern leicht auseinander. Rolle dann die Finger nach vorne ab. Versuche die Finger in Position zu halten und nicht auf der Haut abzurutschen. Wiederhole den Vorgang dann erneut.
  • Nach ein paar Mal kannst du die Position der Finger verändern, wobei der Abstand zur Brustwarze gleich bleiben sollte.
  • Du kannst die Kolostrumtropfen auch direkt nach dem Austreten aus der Brustwarze mit einer Spritze aufziehen. Bitte verschließe die Spritze anschließend mit der Verschlusskappe.
  • Beschrifte im Anschluss jedes Gefäß mit Deinem Namen und dem Datum und friere das gewonnene Kolostrum sofort ein.

Dieses Video veranschaulicht Dir das Milch ausstreichen in der Praxis:

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Vor allem wenn du in einer vorherigen Stillzeit Probleme mit der Milchbildung hattest, Mehrlinge erwartest oder hormonelle und anatomische Probleme zu Grunde liegen, die potentiell eine ungenügenden Milchbildung verursachen, solltest Du die Technik zum Muttermilch ausstreichen bereits in der Schwangerschaft erlernen. 

Das Kolostrum ausstreichen klappt nicht? Dann hol Dir unbedingt Rat bei Deiner Hebamme oder bei einer Stillberaterin. Und verzweifle nicht: Solltest Du jetzt noch kein Kolostrum gewinnen können, liefert dies keinen Rückschluss auf Deinen späteren Stillerfolg. 

Quellen:
Europäisches Institut für Stillen und Laktation (2017): „Präpartale Kolostrum-Gewinnung bei Schwangeren mit Diabetes mellitus“

Unsere Texte zu Gesundheitsthemen ersetzen keinesfalls den Arztbesuch.
Mehr Infos dazu findest Du hier.

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