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Bluttest in der Schwangerschaft – Ein Schritt in die falsche Richtung?


Aktuell bin ich in der 32. Schwangerschaftswoche. Als mein Mann und ich zum ersten Ultraschall in der 14. Woche beim Arzt waren, bot dieser uns routinemäßig eine Nackenfaltenmessung an, die Aussage darüber geben könnte, ob unser ungeborenes Kind an einer Trisomie 21 (Down Syndrom) leiden könnte. Wir lehnten die Messung ab, auch wenn sie an sich keinerlei Risiko birgt. Auch ein Bluttest in der Schwangerschaft wie etwa der Harmony Test, der verschiedene Chromosomen-Aberrationen erkennen kann, kam und kommt für uns nicht in Frage.

Warum das so ist und was Du meiner Meinung nach bedenken solltest, bevor Du Dich auf scheinbar harmlose Pränataldiagnostik wie einen Bluttest auf Trisomie einlässt, will ich Dir heute erklären.

Was genau stellt der Pränatal-Bluttest in der Schwangerschaft fest?

Bei einem genetischen Bluttest in der Schwangerschaft (NIPT) wird der Mutter Blut entnommen und Spuren des kindlichen Erbguts, die sich darin befinden, herausgefiltert. Anhand dieses Materials lässt sich die Wahrscheinlichkeit abschätzen, dass das Baby an bestimmten Chromosomen-Abweichungen leidet.

Bisher lassen sich damit die Erbgut-Abweichungen Trisomie 21, Trisomie 18 und Trisomie 13 feststellen. Trisomie bedeutet, dass statt zwei der jeweiligen Chromosomen drei im Erbgut zu finden sind. Während Kinder mit Trisomie 21 meist lebensfähig sind, sterben Kinder mit Trisomie 18 oder 13 häufig im Mutterleib oder wenige Monate nach der Geburt. Es gibt auch einen Bluttest, der Abweichungen der Geschlechtschromosmen X und Y (z.B. Turner-Syndrom) feststellen können. Für Trisomie 21 ist der Test relativ aussagekräftig, für die anderen Abweichungen weniger sicher.

Der Bluttest in der Schwangerschaft wird, im Gegensatz zur Fruchtwasserpunktion, aktuell nicht von den Krankenkassen übernommen. Dadurch kommen Kosten von 250-700 Euro (je nach Umfang und Anbieter) auf eine Schwangere zu.

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Vorteile und Risiken: Meine Meinung zum Bluttest in der Schwangerschaft

Nicht-invasive Maßnahme – zunächst

Ein Bluttest in der Schwangerschaft ist insofern eine Neuheit, weil er erst einmal ohne invasives Verfahren auskommt. Das bedeutet, dass nicht wie bisher durch eine Punktion mit einer Nadel Zellen aus dem Fruchtwasser, der Plazenta oder der Nabelschnur entnommen und untersucht werden. Stattdessen werden kindliche DNA-Fragmente aus dem mütterlichen Blut gefiltert und untersucht. Das birgt keinerlei Risiken für Dich oder Dein Kind.

Bei invasiven Maßnahmen wie der Fruchtwasserpunktion, Chorionzotten-Biopsie oder Nabelschnurpunktion dagegen kommt es in bis zu 3% der Fälle zu Komplikationen, in deren Folge eine Fehlgeburt stattfindet.

Wann trotzdem eine Punktion notwendig wird

Das Problem am zunächst nicht-invasiven Bluttest ist folgendes: Der Test gibt kein sicheres Laborergebnis, sondern lediglich eine Wahrscheinlichkeit. Das heißt, dass drei Ergebnisse vorliegen können:

  • unklarer Befund – Test muss mit neuem Blut wiederholt werden (5% der Fälle)
  • niedriges Risiko: höchstwahrscheinlich liegt keine Trisomie 21 vor, absolut sicher ist das aber nicht
  • Hohes Risiko für Trisomie 21: In 9 von 10 Fällen liegt eine Trisomie 21 vor

Für die anderen Chromosomen-Aberrationen ist der Bluttest in der Schwangerschaft weniger aussagekräftig. Eine sehr hohe Sicherheit kann bei einer hohen Wahrscheinlichkeit für Trisomie 21 oder einem erhöhten Risiko für eine andere Abweichung wiederum nur eine invasive Maßnahme wie die Fruchtwasserpunktion liefern.

Pränataldiagnostik: Worüber Du Dir vorher klar sein solltest

Was bedeutet das nun in der Praxis? Was würdest Du tun, wenn Du ein „hohes Risiko“ bescheinigt bekommst? Die einzige Möglichkeit, sicher zu gehen, ist dann erneut eine Fruchtwasserpunktion oder ähnliches, die Du ja durch den Bluttest wahrscheinlich ausschließen wolltest. Gibt es vielleicht auch Frauen, die das Kind mit einem „hohen Risiko“ abtreiben würden, auch ohne weitere Untersuchungen? Das würde bedeuten, dass eine 10%-ige Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein gesundes Kind abgetrieben wird!

Bis Du das Testergebnis in Händen hältst, dauert es etwa 2 Wochen. Kannst Du Dir vorstellen, wie lang sich das anfühlen kann? Was, wenn der Test dann einen „unklaren Befund“ liefert und wiederholt werden muss? In all dieser Zeit werden in Deinem Kopf vielleicht Gedanken kreisen darüber, was ein Kind mit Down-Syndrom oder eine Abtreibung für Dich und Deine Familie bedeuten würden. Solche Sorgen setzen Stresshormone frei, die sich nachweislich auch auf die Entwicklung Deines Babys und Deine Schwangerschaft auswirken.

Über solche Effekte solltest Du Dir vorher im Klaren sein. Nur, weil der Bluttest in der Schwangerschaft nicht direkt ein Risiko für einen Abgang darstellt, wie es bei der herkömmlichen Fruchtwasserpunktion der Fall ist, bedeutet das nicht, dass er keine Risiken oder Auswirkungen auf Dich und Deine Psyche hat.

Warum eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen trotzdem fair wäre

Ich stehe der Pränataldiagnostik – immer dann, wenn eine Abtreibung des Babys die Folge sein könnte – also grundsätzlich sehr skeptisch gegenüber. Trotzdem denke ich, dass die Krankenkassen künftig die Kosten für den Bluttest in der Schwangerschaft übernehmen sollten. Denn die Situation, wie sie jetzt ist, kann unfaire Folgen haben.

Weil der Bluttest in der Schwangerschaft mit hohen Kosten verbunden ist, wird er vor allem Frauen vorbehalten bleiben, die ihn sich leisten können. Das heißt, Schwangere aus niedrigeren sozialen Schichten lassen weiterhin den risikoreicheren, invasiven Test durchführen – weil sie keine andere Wahl haben.

Entweder müssten also beide Arten von Diagnostik selbst übernommen werden, oder beide von der Krankenkasse bezuschusst werden. Alles andere widerspricht unseren sozialstaatlichen Prinzipien.

Allerdings, finde ich, sollten weder Nackenfaltenmessung noch ein Bluttest so harmlos dargestellt werden, wie es aktuell oft der Fall ist. Ein guter Schritt wäre eine standardisierte und verpflichtende Aufklärung darüber, dass sowohl eine auffällige Nackenfalte, wie auch ein Bluttest mit dem Ergebnis „hohes Risiko“ eine invasive Maßnahme benötigen, um ein sicheres Ergebnis zu liefern. Auch über die darauf folgende Entscheidung, ob ein Kind mit Trisomie 21 ausgetragen werden soll, oder nicht, sowie über die möglichen psychischen Folgen einer Abtreibung sollten Ärzte verpflichtend, also mit Merkblatt und Patientenunterschrift, aufklären müssen.

Wie stehst Du zu dem umstrittenen Bluttest in der Schwangerschaft? Wir sind gespannt auf Deinen Kommentar!

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2 Kommentare zu “Bluttest in der Schwangerschaft – Ein Schritt in die falsche Richtung?

  1. Liebe Birgit! Danke für Ihren Kommentar und das Teilen Ihrer Erfahrung. Wie oft liest man, wie verurteilenswert es ist, solche Untersuchungen durchzuführen bzw. wenn sich Eltern dann gegen ein Kind mit Behinderung entscheiden. Keiner sieht die andere Seite, das andere Geschwisterkind, die Umstände, die eigene Belastungsgrenze. Für mich haben ausschließlich Menschen wie SIE, die tatsächlich durch und durch mit der Thematik konfrontiert sind/waren, Berechtigung, zu diesem Thema ihre Meinung abzugeben – und Sie tun es noch dazu in völlig neutraler, toleranter Weise, danke! Jemand, der nie in der Situation war redet sich unglaublich leicht über Eltern, die vor dieser Entscheidung stehen. Jemand, der bis dato nur gesunde Kinder hatte, redet sich so leicht, dass es doch „nur Trisomie 21“ sein könnte. Kaum einer weiß, dass auch die völlig unterschiedlich ausfallen kann. Dieses rosarote „wir kriegen und lieben jedes Kind, egal ob gesund oder nicht“ ist so leicht gesagt – bis es dann eintritt und wenn man die individuellen Umstände eines jeden einzelnen einfach ausblendet. Ich bin 41, bei unserem 2. Kind wurde vor 2 Jahren Trisomie 21 und mehrere schwere Organfehler in der 13. SSW festgestellt, fehlende Blase, fehlende Leber usw. Wir haben uns schweren Herzens gegen unseren Sohn entschieden. Schon damals wurde ich schief angesehen, weil ich die Untersuchung machen lies. Tja, was wäre der andere Fall gewesen? Wir und die große Schwester freuen uns 9 Monate unglaublich – und dann kommt ein nicht lebensfähiges Kind auf die Welt. Ist das soviel besser? Jetzt bin ich wieder schwanger und lasse den Bluttest machen. Wieder gibt es Kritik. Trotz meines Alters, trotz der Vorgeschichte, solle ich „auf die Natur vertrauen“. Für mich einfach übergriffig.

  2. Meine Schwester hatte eine Behinderung. Sie hatte ein anderes Leben, ein oft sehr leidvolles Leben. Ich habe sie sehr geliebt. Sie verstarb mit 43 Jahren.Sie hatte nie einen schönen Arbeitsplatz, keinen Partner, keine gute Freundin, keine eigene Wohnung. Ihr größter Halt waren unsere Eltern, wir Schwestern und die Klinik, in der sie oft sein musste. Manchmal war unsere Mutter über das Leid ihrer Tochter so verzweifelt, dass sie leise äußerte, es sei besser, sie würde nicht mehr leben. Unsere Eltern haben alle Erkrankungen bis zum Tod meiner Schwester mitgetragen.
    Danach waren sie unfassbar traurig, nichts mehr tun zu können, aber auch freier. Sie hatten ja noch 2 Töchter und 5 Enkel. Ein Mensch mit Behinderung ist auf andere Menschen und gute Einrichtungen angewiesen. Unsere Gesellschaft ist heute besser danach ausgerichtet, als zur damaligen Zeit. Aber es bedeutet auch immer ein Kampf um gute und finanziell abgesicherte Versorgung.
    Man sollte bedenken, dass immer die ganze Familie betroffen ist, wenn ein Kind behindert ist. Wir haben von unserer Schwester gelernt, wie hart im Nehmen sie war und uns hat sie nichts geneidet. Ich bin nun selbst unheilbar erkrankt.Ich hatte alles, was meine Schwester nicht hatte. Jeder Mensch muss entscheiden können, wieviel er und sein Umfeld tragen können. Ich verurteile nicht, wenn sich jemand für den Abbruch einer Schwangerschaft entscheidet, wenn die pränatale Diagnostik auf eine Behinderung hinweist.Ebenso finde ich behinderte Menschen liebenswert und schützenswert. Aber letztendlich trägt die Familie die meiste Last und stellt sich immer wieder die Frage, ob sie alles richtig macht mit der Betreuung. Wenn die Eltern von behinderten Kindern versterben, wird es sehr hart für diese Kinder. Nehmen Sie sich Zeit für diese Entscheidung. Es wird Ihr ganzes Leben betreffen.

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