Zwillingsgeburt: Natürlich oder Kaiserschnitt?


Du bekommst Zwillinge und bist verunsichert, wenn Du an die Geburt denkst? Ob bei Deiner Zwillingsgeburt ein Kaiserschnitt gemacht werden muss, oder ob Du Deine Zwillinge „natürlich“ entbinden kannst? In diesem Beitrag erkäre ich Dir, wann bei Zwillingen eine „natürliche“ Geburt möglich ist und in welchen Fällen ein Kaiserschnitt notwendig wird – und auch, wie sich eine spontane Zwillingsgeburt von einer Einlingsgeburt unterscheidet.

Welche Ausschlusskriterien für eine spontane Zwillingsgeburt gibt es?

In den letzten Jahren werden Frauen wieder vermehrt dazu ermutigt, ihre Zwillinge „natürlich“- also vaginal – zu gebären. Ich persönlich bevorzuge im Übrigen den Begriff Spontangeburt, da ich die Bezeichnung „natürliche Geburt“ ein wenig missverständlich finde. Deswegen setze ich sie hier auch bewusst in Anführungszeichen. Zumal auch an einem Kaiserschnitt nichts Unnatürliches ist.

In ganz vielen Fällen ist eine solche Spontangeburt bei Zwillingen möglich. Allerdings gibt es einige Kriterien, die für die meisten Ärzte gegen eine spontane Zwillingsgeburt sprechen:

Monochoriale-monoamniote Zwillinge

Teilen sich die Babys Plazenta und Fruchtblase, wird in den allermeisten Fällen von einer Spontangeburt abgeraten.

Die Schwangerschaft ist generell mit etwas mehr Risiken verbunden, sodass oftmals eine frühzeitige Entbindung angestrebt wird. Weil man die Gefahr von Komplikationen wie Nabelschnurproblemen oder schlechterer Versorgung durch die gemeinsame Plazenta so gering wie möglich halten möchte, wird die Schwangerschaft meistens nur bis maximal zur 35. Schwangerschaftswoche ausgetragen und dann per Kaiserschnitt beendet.

Extreme Frühgeburtlichkeit

Zwillinge bleiben ja oft nicht bis ganz zum Schluss im Bauch. Wenn die Kinder vier oder fünf Wochen zu früh dran sind, ist das kein Grund, sofort von einem Kaiserschnitt auszugehen. Muss die Schwangerschaft aber vor der 32./33. Schwangerschaftswoche beendet werden, wird in der Regel ein Kaiserschnitt gemacht.

Sale

70 Prozent aller Zwillinge kommen aber nach der 38. (also 37+0) SSW auf die Welt.

Lageanomalien wie Querlage oder BEL

Wenn der führende Zwilling (also der, der unten als erstes liegt) in Querlage liegt, ist ein Kaiserschnitt unumgänglich. Liegt er mit dem Popo nach unten (Beckenendlage oder BEL) kommt es darauf an, ob Du schon einmal spontan geboren hast und wie groß und schwer die Kinder geschätzt werden.

Großer Gewichtsunterschied

Gibt es eine deutliche Diskrepanz zwischen den Kindern oder auch, wenn der führende Zwilling deutlich kleiner und leichter ist als der zweite, wird ebenfalls meist ein Kaiserschnitt angeraten.

Mütterliche Komplikationen

Eine schlecht eingestellte Gestationsdiabetes, ein hoher Blutdruck oder bestimmte Vorerkrankungen, die man bei einem Einling vielleicht noch eher tolerieren würde, können für eine natürliche Zwillingsgeburt ebenfalls ein Ausschlusskriterium darstellen.

Vorausgegangene Operationen an der Gebärmutter

Hast Du beispielsweise schon ein Baby per Kaiserschnitt entbunden oder schon einmal aus anderen Gründen (wie z.B. Myomen) eine Operation an der Gebärmutter gehabt, muss individuell entschieden werden, ob das einen zwingender Grund für einen Kaiserschnitt darstellt oder nicht.

Mehr zu diesem Thema findest Du in Hebamme Monikas Beitrag „Einmal Kaiserschnitt – immer Kaiserschnitt?“.

Zwillingsgeburt: Wie hoch ist die Kaiserschnittrate?

Wenn Du Dir für Deine Zwillinge eine „natürliche“ Geburt wünschst, interessiert Dich sicher auch, wie viel Prozent der Zwillinge spontan zu Welt kommen – und wie oft bei Zwillingsgeburten ein Kaiserschnitt gemacht wird.

Bei der Recherche habe ich in einem Interview mit einem Geburtshelfer aus Berlin gelesen, dass die Kaiserschnittrate bei Zwillingen bei 30-50 Prozent liegt. Im Umkehrschluss kämen also 50-70 Prozent aller Zwillinge spontan auf die Welt. Da die Sectio-Rate bei Einlingen inzwischen allerdings schon bei über 30 Prozent liegt, halte ich persönlich diese Zahl definitiv für überschätzt.

Ist ein Kaiserschnitt bei einer Zwillingsgeburt sicherer?

Interessanterweise gab es im Deutschen Ärzteblatt (allerdings schon im Juni 2013) einen Artikel zu einer groß angelegten Studie über Zwillingsgeburten. In dieser Studie ging es darum, ob eine Spontangeburt bei Zwillingen für die Kinder ein größeres Risiko birgt. Insgesamt nahmen 106 Zentren aus 25 Ländern teil und kamen zu dem Ergebnis, dass es unter Berücksichtigung gewisser Ausschlusskriterien keinerlei Vorteile mit sich bringt, die Kinder per geplantem Kaiserschnitt zu entbinden.

„Natürliche“ Geburt bei Zwillingen: Was Du wissen solltest

Hast Du von Deinem Frauenarzt also das grundsätzliche Okay zu einer spontanen Zwillingsgeburt, spricht im Grunde nichts dagegen, es zu versuchen. Allerdings gibt es im Vorfeld ein paar Dinge, um die Du Dir Gedanken machen solltest. Dazu gehört neben der Klinikwahl auch eine gute Geburtsbegleitung.

„Natürliche“ Zwillingsgeburt: Die richtige Klinik

Da Zwillinge häufig leichter sind als Einlinge und oftmals auch nicht die ganzen 40 Wochen Schwangerschaft im Bauch bleiben, wird bei der Wahl der Klinik ein Perinatalzentrum (Level 1 oder 2) empfohlen. Ein Perinatalzentrum bezeichnet eine Klinik, die speziell auf die Versorgung von Früh-und Neugeborenen ausgerichtet ist. Die Bezeichnung 1 oder 2 richtet sich nach den räumlichen Gegebenheiten (also beispielsweise, ob Kreißsaal, OP und Kinderintensivstation direkt miteinander verbunden sind), der Größe (also vor allem der Anzahl an Intensivbetten/ Beatmungsplätzen) und dem Personal.

Ob es eine Klinik mit Kinderintensivstation sein soll oder nicht, ist aber Deine individuelle Entscheidung. Dennoch macht es Sinn, sich bei der Wahl der Geburtsklinik genau zu überlegen, was wichtige Aspekte sind.

Eine Checkliste für die Klinikwahl bei einer Zwillingsgeburt wäre z.B.:

  • Kinderarzt/Kinderintensivstation
  • Anästhesie
  • Intensivstation für die Mutter

Natürlich denkt niemand gerne an den schlimmsten Fall, aber wenn es beiden Kindern und Dir schlecht geht, ist es mit einem extremen logistischen Aufwand verbunden, Euch alle gleichzeitig gut zu versorgen. Kleine Kliniken müssen dann oft verlegen, weil die Kapazitäten nicht ausreichen oder auch gar nicht da sind. Und das ist direkt nach der Geburt (oder währenddessen) natürlich eine extrem blöde Situation.

Auch die Erfahrung einer geburtshilflichen Abteilung in Hinblick auf eine spontane Zwillingsgeburt ist ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Geburtsbegleitung bei spontaner Zwillingsgeburt

Sofern es möglich ist, macht es bei einer Zwillingsgeburt manchmal Sinn, zwei Begleitpersonen dabei zu haben. In vielen Kliniken ist das auch kein Problem, wenn das im Vorfeld bereits besprochen wird. So haben die Begleitpersonen die Möglichkeit, sich abzuwechseln. Eine kann ggf. das erste Kind im Arm halten oder im Kreißsaal begleiten, wenn das zweite geboren wird – während die andere Begleitperson Dich bei der zweiten Geburt unterstützt.

Überlege Dir also im Vorfeld genau, wen Du und Dein Partner gerne bei der Zwillingsgeburt dabei hättet und besprecht das mit dieser Person. Vielleicht ist eine Doula hier auch eine Option für Euch.

Was unterscheidet eine „natürliche Geburt“ bei Zwillingen von einer spontanen Einlingsgeburt?

Einleitung ab SSW 38

In vielen Kliniken wird bei Zwillingen ab der 38. Schwangerschaftswoche zur Einleitung geraten. Das variiert aber je nach Klinik ein bisschen. Die Entscheidung für oder gegen eine Einleitung liegt natürlich immer mit in Deiner Hand und hängt letzlich auch von der individuellen Situation ab. Von einer Terminübertragung wird bei Zwillingen aber in den meisten Kliniken explizit abgeraten.

Technisches Equipment bei spontaner Zwillingsgeburt

Während bei einer „normalen“ Einlingsgeburt meist nur ein CTG im Einsatz ist, ist bei Zwillingen immer auch ein Ultraschallgerät mit vor Ort. Meist wird nach der Geburt des ersten Kindes damit die Lage und die Herztöne des zweiten gecheckt.

Größeres Geburtshelfer-Team

Doppelt so viele Babys bedeuten auf das Personal bezogen meist mehr als doppelt so viel Aufwand. Das kann ein wenig erschreckend sein, weil gefühlt immer mehr Menschen dazu kommen und Du vielleicht Angst bekommst und denkst, es sei irgendetwas nicht in Ordnung.

Aber bei einer Zwillingsgeburt braucht es einfach ein paar Hände mehr. Und das Geburtshelfer-Team möchte auch für Notfälle vorbereitet sein.

Deshalb sind neben dem Oberarzt und dem Assistenzarzt der Gynäkologie meist ein Kinderarzt und eine Kinderkrankenschwester dabei. Darüber hinaus begleiten Euch normalerweise zwei Hebammen unter der Geburt.

Mehr Medikamente bei „natürlicher“ Zwillingsgeburt?

In vielen Kliniken wird bei einer Zwillingsgeburt zu einer PDA geraten, einfach, damit Du als Mutter maximal entspannt bist und möglichst gut locker lassen kannst. Das führt meistens dazu, dass auch ein Wehentropf eingesetzt werden muss. Auch nach der Geburt werden für gewöhnlich Kontraktionsmittel gegeben. Das ist im Prinzip gar nichts Schlimmes! Ich habe nur die Erfahrung gemacht, dass manchen Frauen das im Vorfeld nicht so richtig klar ist.

Wie lange dauert eine natürliche Geburt bei Zwillingen?

Die eigentlichen Phasen der Zwillingsgeburt unterscheiden sich in ihrer Dauer nicht von einer Einlingsgeburt. Bei Erstgebärenden geht man von einer Geburtsdauer von 8-15 Stunden aus, Mehrgebärende haben meist eine kürzere Eröffungs-und Austreibungsphase.

Was allerdings natürlich noch hinzu kommt, ist die Austreibungsphase des zweiten Kindes. Der ideale Zeitrahmen zwischen der Geburt des ersten und des zweiten Kindes liegt laut geburtshilflicher Standardliteratur bei 25-45 Minuten. Aus der Praxis weiß ich allerdings, dass auch längere Zeiträume toleriert werden, wenn alles in Ordnung ist. Im Großen und Ganzen kannst Du aber davon ausgehen, dass Zwillinge im Schnitt etwa mit einer halben Stunde Zeitunterschied geboren werden.

Wie lange bleibe ich nach einer „natürlichen“ Zwillingsgeburt im Krankenhaus?

Das hängt natürlich sehr davon ab, wie die Geburt für Euch drei verlaufen ist und ob die Kinder termingerecht geboren worden sind.

Hast Du zwei reife Kinder spontan geboren, kommst gut zurecht und wirst zu Hause im Wochenbett durch eine Hebamme unterstützt, kannst Du theoretisch nach 3-5 Tagen nach Hause gehen.

Da Zwillinge allerdings meistens etwas zarter sind, häufiger Probleme mit dem Halten der Temperatur, dem Gewicht oder auch einer Neugeborenengelbsucht haben, bleiben die meisten Frauen aber etwas länger.

Sind Deine Babys zu früh spontan geboren und müssen noch auf einer Kinderstation betreut werden, wirst Du nach ca. 3 oder 4 Tagen aus der Wöchnerinnenstation entlassen und entweder nach Hause oder als Begleitperson zu Deinen Babys geschickt.

Nach einer Zwillingsgeburt per Kaiserschnitt verlängert sich der Krankenhausaufenthalt normalerweise noch einmal um 1-2 Tage.

Mein Fazit zur Zwillingsgeburt

Die Entscheidung, auf welchem Weg Deine Zwillinge geboren werden können – oder sollen – ist so individuell wie Deine Kinder und Du.

Deshalb ist es wichtig, dass Du Dich frühzeitig informierst und Dir gegebenenfalls auch unterschiedliche Meinungen anhörst, um die für Euch richtige Entscheidung treffen zu können. Natürlich ist es auch und gerade bei Zwillingen wichtig, eine Klinik zu finden, in der Du ein gutes Gefühl hast, Dich gut aufgehoben fühlst und Vertrauen aufbauen kannst.

Ich als Hebamme kann Dich in jedem Fall ermutigen, Dich auf das Abenteuer „natürliche Zwillingsgeburt“ einzulassen, wenn keine medizinischen Gründe dagegen sprechen.

Wie hast Du die Geburt Deiner Zwillinge erlebt? Oder – was wünschst Du Dir für Deine Zwillingsgeburt? Wir sind gespannt auf Deinen Kommentar!

Unsere Texte zu Gesundheitsthemen ersetzen keinesfalls den Arztbesuch.
Mehr Infos dazu findest Du hier.

Weitere Artikel von uns:

3 Kommentare zu “Zwillingsgeburt: Natürlich oder Kaiserschnitt?

  1. Hallo,
    ich verstehe nicht warum die Worter immer so verändert werden mussen. „Natürlich“ bedeutet doch „in der Natur vorkommend“. Eine Spontan Geburt kommt in der Natur vor, ein Kaiserschnitt jedoch nicht. Also ist das eine natürlich und das andere nicht. Wo ist denn das Problem daran?

  2. Ich wollte es auf jeden Fall versuchen, spontan zu gebären. Leider war Z1 geschätzt über 500g leichter und hatte eine Insertio velamentosa. Dennoch bekam ich nach gründlicher Untersuchung bei der Geburtsplanung das ok vom Chefarzt. Bei 34+1 ist morgens die Fruchtsblase von Z1 geplatzt. Beide Mädels lagen in Schädellage. Abends fingen die Wehen an und ab Mitternacht waren wir dann im Kreißsaal. Gegen 6 Uhr morgens bekam ich eine PDA, da der Muttermund sich bei 5cm konstant hielt. Zusätzlich noch einen Wehentropf. Das half wirklich gut. Um 12:06 erblickte dann Z1 mit 1930g das Licht der Welt und um 12:17 kam Z2 mit 2550g. Ich bin so glücklich, dass alles komplikationslos ablief und meine Mädchen nur 8 Tage im Krankenhaus bleiben mussten. Sie bekamen Gelbsucht und mussten lernen ihre Temperatur zu halten. Es war eine wunderschöne Geburt. Jetzt halten mich diese 7 Monate alten Wunder ordentlich auf Trapp 😊

  3. Von Anfang an wünschte ich mir eine vaginale Geburt. Zu meinem Glück lagen meine Mädchen bereits früh beide mit dem Kopf im Becken und Beiden ging es gut. Bei 38+4 wurde mit Gel eingeleitet. 1,5 Stunden nachdem das Gel gespritzt wurde platzte die Fruchtblase und ich wurde in den Kreißsaal gefahren. Ca. 30 Minuten später war unsere 1. Tochter da und 3 Minuten und eine Presswehe später unsere 2. Tochter. Beide waren kerngesund und mit 2,9 kg und 2,6 kg für Zwillinge absolut im Schnitt. Die medizinische Versorgung und Betreuung durch den Oberarzt waren einwandfrei. Wir hatten eine Beleghebamme (bei der Geburt waren es zwei, eine pro Kind), dass kann ich jedem wärmstens empfehlen. Laut Arzt war es die schönste Zwillingsgeburt die er je betreuen durfte.

    Es war wirklich eine Traumgeburt. Mit zwei wunderbaren und gesunden kleinen Mädchen. Für uns war es genau die richtige Entscheidung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert